von Lasse Eilers | Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten
Enjoy The Silence Sound

Der Sound von „Enjoy The Silence“  ·  Quelle: Shutterstock / Ivica Drusany

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33 Jahre nach ihrer Veröffentlichung ist die Single „Enjoy The Silence“ von Depeche Mode wieder in den Charts – TikTok sei Dank! Grund genug für uns, den legendären Song mal wieder zu hören und nachzuforschen: Welche Synthesizer und welches Equipment benutzten Depeche Mode für „Enjoy The Silence“ – und wie kann man diesen Sound heute umsetzen?

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Der Sound von „Enjoy The Silence“

Kaum vorstellbar, dass einer der größten Hits von Depeche Mode ursprünglich ganz anders klang. Auf dem ersten Demo von Songwriter Martin Gore war „Enjoy The Silence“ nämlich noch eine ruhige Ballade:

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Während der Vorbereitungen zu den Aufnahmen für das Album „Violator“ schlug Alan Wilder dann aber vor, den Song stattdessen zu einer schnelleren Nummer mit Disco-Groove zu machen. Das konnte Gore sich zunächst überhaupt nicht vorstellen – und wie der Produzent Flood erzählt, stand er der neuen Version noch nach ihrer Fertigstellung ziemlich skeptisch gegenüber. Ob das heute immer noch so ist, nachdem „Enjoy The Silence“ zu einem der größten Hits der Band geworden ist?

Zur Entstehungsgeschichte und Produktion des Songs kann man eine Menge in Vorträgen und Masterclasses von Flood erfahren, von denen einige auf YouTube zu finden sind. Wie fängt man an, eine Disco-Version eines Songs zu bauen? Richtig: Man kopiert erstmal den Groove eines bekannten Hits! Offenbar wurden dabei sogar einige Drumsounds direkt aus dem Original „stibizt“, wie der Produzent Jahrzehnte später offen zugibt.

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Die Drums auf „Enjoy The Silence“ setzen sich also nicht aus Sounds einer bestimmten Drum-Machine zusammen, sondern aus Samples aus verschiedenen Quellen. Sampling-Grooveboxen wie eine MPC, ein model:samples oder der neue Liven Lofi-12 sind für diese Arbeitsweise natürlich ideal. Letzterer liefert sogar die Lo-fi-Klangästhetik der Sampler, mit denen die Band damals arbeitete.

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Der Bass von „Enjoy The Silence“

Anders,als manchmal vermutet wird, stammt die Bass-Sequenz von „Enjoy The Silence“ nicht vom ARP 2600 (obwohl dieser natürlich von der Band sehr gern genutzt wurde), sondern von einem Roland System 700. Flood hatte das Modularsystem kurz zuvor gekauft und zu den Violator-Sessions ins dänische Puk-Studio mitgebracht. Zusammen mit Alan Wilder bastelte er damit die Bassline des Songs.

Enjoy The Silence Sound: Roland System-700

Roland System 700

Leider hat Roland (noch?) keine Emulation des System 700 in der Roland Cloud veröffentlicht. Aber es gibt ja immerhin das System 100 als Plugin und Plugout – und die beiden Systeme haben trotz aller Unterschiede auch viele Gemeinsamkeiten, zum Beispiel bei der Oszillatortopologie. Das ist also definitiv ein guter Startpunkt.

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Wer lieber mit Hardware arbeitet, emuliert das System 700 natürlich am besten mit dem Roland System-500, dessen Module in Zusammenarbeit mit Malekko entwickelt wurden. Von Behringer gibt es ebenfalls eine Reihe von Eurorack-Modulen, die dem System 100 nachempfunden sind. Um die charakteristische Filterbewegung der Bassline von „Enjoy The Silence“ nachzubauen, braucht man außerdem einen Sequencer, der zusätzlich zu den Noten eine separate Modulationssequenz für das Filter ausgeben kann – zum Beispiel einen KeyStep Pro oder SQ-64.

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Emulator, Emax oder doch M1?

Über die Frage, welche Kombination aus Synthesizern und/oder Samplern es genau war, die die charakteristischen, beinahe mellotronartigen Chor- und Streicherakkorde beisteuerte, herrscht unter den Depeche-Mode-Gelehrten auch 33 Jahre später kein endgültiger Konsens. Aber mit der Annahme, dass ein E-mu Emulator II, Emulator III oder Emax im Spiel war, liegt man sicher nicht falsch. Wenn es ein Instrument gibt, das dem Sound der Band besonders seinen Stempel aufgedrückt hat, dann ist es der Emulator bzw. Emax.

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Wer nicht das Glück hat, einen der Vintage-Sampler zu besitzen, kann auf den Emulator II V von Arturia zurückgreifen, der Bestandteil der V Collection 9 ist und dessen Sample-Library eine Zeitreise nicht nur zu Depeche Mode, sondern zu vielen anderen prägenden Bands dieser Ära ist.

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Viele meinen aber auch, eine Korg M1 oder einen Roland D-50 auf „Enjoy The Silence“ heraushören zu können – und dafür spricht ebenfalls einiges. Die M1 war zum Zeitpunkt der Produktion gerade ein Jahr auf dem Markt und auf dem besten Weg, die Synthesizerwelt zu revolutionieren. Der D-50 gehört mit seinem Mittelweg aus kurzen Samples und Synthese ebenfalls zu den prägenden Instrumenten der Zeit. Viele der Sounds auf „Enjoy The Silence“, die das Arrangement subtil ergänzen – gelayert mit den Chören, Strings und auch dem Gitarrenriff – sprechen eindeutig diese Sprache.

Die Korg M1, die die Instrumentengattung der Synthesizer-Workstations begründete, kann man sich heute ganz einfach als Plugin auf den Rechner holen. Es gibt sie sogar als App für das iPad!

Auch den D-50, dessen „LA-Synthese“ allein wegen der Bezeichnung natürlich eine Hitgarantie war, gibt es inzwischen als Plugin:

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Gitarre

Bleibt das berühmte Gitarrenriff, das den Song mit seinem extrem hohen Wiedererkennungswert wahrscheinlich erst zu dem Hit gemacht hat, der er ist. Den Erzählungen von Flood zufolge musste Martin Gore – der auf das neue Arrangement wie gesagt nur wenig Lust hatte – erst überredet werden, es mit einer Gitarre zu versuchen. Den unverwechselbaren Sound bekommt die Gitarre von einem Chorus/Phaser und einem Delay, wobei Letzteres vielleicht auch erst im Mix hinzugefügt wurde.

Um welches Effektgerät es sich genau gehandelt hat, ist leider nicht überliefert. In die Zeit passen würde zum Beispiel ein BEL BD-80, das man mit dieser Software imitieren kann, oder auch ein Yamaha SPX90-II. Wie Flood selbst sagt, ist es aber nicht „the most earth-shattering guitar sound“ – also kommt ihr wahrscheinlich auch mit einfacheren Chorus- und Delay-Pedalen schon recht nah heran:

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Was die Gitarre selbst angeht, ist Martin Gore seit Langem für seine beeindruckende Sammlung von Gretsch-Gitarren bekannt. Am stilechtesten spielt ihr das Riff von „Enjoy The Silence“ also definitiv auf einer Gretsch – vielleicht einer White Falcon?

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Vor allem aber ist mir beim Hören von „Enjoy The Silence“ mal wieder aufgefallen, wie genial einfach das Arrangement im Vergleich zu vielen heutigen Produktionen aufgebaut ist. Ein guter Song braucht keine 50 Spuren mit 100 verschiedenen Sounds. Eine Handvoll sorgfältig ausgewählter Elemente, die dem Song dienen, statt sich mit übertriebenen Effekten in den Vordergrund zu spielen und sich soundmäßig perfekt zu einem Ganzen zusammenfügen – das ist das Rezept für einen zeitlosen Sound, der auch 33 Jahre später noch für die Charts taugt. Auch wenn der Komponist das damals offenbar ganz anders sah …

Video: Depeche Mode – Enjoy The Silence

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Bildquellen:
  • Roland System 700: Racingline81, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons
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15 Antworten zu “Der Sound von Depeche Mode – Enjoy The Silence”

    wink sagt:
    0

    wie man aus einer Kinderlied-Melodie doch noch einen „Hit“ machen kann….

    Hmm? sagt:
    0

    Was ist denn bitte schön eine „Kinderlied-Melodie“?

    Softwaver sagt:
    1

    Danke für den schönen Bericht und das Einfügen des Videos von Flood, Lasse.

    Viele Popsongs der Neuzeit kann man dagegen in die Tonne kicken und auch nicht mehr nach 33 Jahren rausholen.
    Es hat schon seinen berechtigten Grund, warum Depeche Mode über diesen Zeitraum erfolgreich waren und sind – egal, wie man zu den letzten Alben steht oder zum Thema Alan Wilder ;)

    Omg sagt:
    3

    Immer gut zu lesen wenn „Könner“ wie der Erstposter die wahre Natur von Hits entlarven.

    Xanu sagt:
    0

    wir haben den song im Rahmen unseres Produktions Workshop auch nach gebaut. Für den Bass mussten wir einen s700 Filter kaufen fürs eurorqck: Kein anderer Filter kam an den Basssound ran.

    https://youtu.be/LEfDNCMvQts

    Xsample sagt:
    0

    Martin Gore spielte zu der Zeit nur eine Gitarre, nämlich eine GRETSCH G6118 Anniversary mit G-Cutout-Tailp. damit und nur damit spielt man den damaligen Sound stilecht. :)

    Xsample sagt:
    0

    Im übrigen ist diese Gretsch G6118 auch heute noch eine von Gores Lieblingsgitarren. Leider wird sie nur noch mit Bigbsy hergestellt. https://www.gretschguitars.com/gear/family/anniversary/g6118t-60-vintage-select-edition-60-anniversary-hollow-body-with-bigsby/2401201871

    Tobi MM sagt:
    -1

    Noch so ein schönes Beispiel wie wichtig Wilder für den Bandsound war. Ohne ihn, bzw. nach ihm ist der songwritingtechnisch durchaus begabte Gore nur allzu oft ungebremst seinen eigenen Ideen gefolgt – dementsprechend klingt alles bei denen seit 1995. Nicht zwingend schlecht, aber eben auch nicht mehr sonderlich kreativ.

    jojo sagt:
    0

    Kann sich noch jemand an die Sendung in den 90er im NDR Radio erinnern wo gezeigt wurde wie man aktuelle Hits nachspielt? Für ein frankierten Rücksendeumschlag gab es auch die Noten. Hab so damals auf meinem Yamaha Porta Personal Jesus von DM gelernt …

    Benny Lava sagt:
    0

    Der Original-Beat klingt irgendwie nach Bizarre Love Triangle von New Order.

    Benny Lava sagt:
    0

    Hier noch ein Video mit den Sounds einzeln: https://youtu.be/-1U2w08wLkg?t=485

    Mick sagt:
    0

    Roland 700?…das höre ich zum ersten mal.
    Der Bass ist vom Minimoog, gelayert mit dem ARP2600.
    Roland – Synth spielen allgemein bei DM eine untergeordnete Rolle. Zumindest nicht bei Hooks, Melos usw. mit Erkennungswert. Arp2600, alle EMUs, nebst Samplern und DX7 das sind DM (als sie noch gut waren).
    Live mal mit dem JP-8000 gesehen und in den frühen 80gern mit dem Jupiter.

      Lasse Eilers sagt:
      1

      Hi,
      laut Flood stammt die Bass-Sequenz eindeutig vom System 700 – und der war immerhin dabei. ;) Das schließt aber natürlich nicht aus, dass der Minimoog und der ARP auch ein paar Sounds beisteuern durften. Vielleicht meinst du die fetten Bass-Sweeps, die ab dem 2. Chorus hinzukommen – das klingt schon sehr moogig.
      Grüße
      Lasse

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