von Moogulator | Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten
Roland Jupiter-6

Roland Jupiter-6  ·  Quelle: Moogulator

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Klassische Synthesizer: Der Roland Jupiter-6 in der heutigen Landschaft. Wie sieht sein Sound gegenüber heutigen Angeboten aus?

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Roland Jupiter-6

Viele denken bei Roland und Jupiter doch noch immer an den großen, unbezahlbaren und sehr raren Jupiter-8. Wieso aber der Jupiter-6 schon immer „interessanter“ war, erkläre ich dir jetzt.

Konsequent asymmetrische Modulationskonzeption

Wenn man keine (Modulations-)Matrix oder ähnliches hat, bewährt sich eine Konzeption, in der die beiden Oszillatoren unterschiedlich beschickt werden können. Das, was den aktuellen „logue“-Korgs fehlt, aber Firmen wie U.D.O. im Super 6 ganz richtig erfasst und übernommen haben, ist für die beiden Oszillatoren ein kleines Set an Einstellungen, das aber nicht komplett identisch sein muss.

Die wichtigen Dinge

Die Eckdaten sind besser als die des Jupiter-8, da der HauptLFO Audiotempo (63 Hz etwa) erreicht und die Hüllkurven schnappen, sie sind invertierbar, haben jeweils ein eigenes Keytracking und die Einstellung der Mischung der Oszillatoren ist mit einem einzigen Knopf einfach gelöst. Statt eines Rauschgenerators hat man das Rauschen als Wellenform in VCO2 mit verbaut und lässt dafür die Mischung der Wellenformen zu.

Eigentlich ist so eine Mischung nicht gut, denn das Rauschen belegt quasi den tonalen Oszillator und ist nicht getrennt regelbar. Dafür ist aber eine Mischung aller Wellenformen möglich. Diese Option bedeutet, dass sie auch für FM (aka Crossmodulation), Sync und Modulationen mit einbezogen wird und die daraus resultierenden Sounds sind interessant.

Jupiter-6 vs Jupiter-8

Gegenüber dem großen Bruder kann der Jupiter-6 mit MultimodeFiltern und steuerbarer Crossmodulation dienen. Die hat sonst nur der MKS-80, der als eine Art „nicht genauso klingende“ aber ähnliche Rack-Version des Jupiter-8 gilt. Der Jupiter-6 ist der erste MIDI-Synthesizer überhaupt. Die kleinen Brüder (Juno-Serie) waren ebenfalls zunächst ohne MIDI und wurden mit dem Juno 106 zu echten MIDI-Synthesizern, der sogar noch SysEx-Befehle in Echtzeit verarbeiten konnte. Nachteil des Multimodefilters mag die doch sehr nötige Nachjustierung nach Umschalten auf einen anderen Filtertyp sein. Aber es ist da – dafür fehlt der resonanzlose Hochpass-Filter-Bereich, der Roland bis dahin typischerweise identifizierte. Wäre er neu, würde es hier Punktabzüge geben und natürlich bei der spartanischen MIDI-Implementation – aber es war eben „der Erste“. Ein Eprom für 94 Mark brachte den Omni-Only-Jupiter dann immerhin dazu nur auf Kanal 1 zu empfangen. Europa wandelte ihn dann zum MIDI-Monster, was alles kann, was man heute erwartet.

Geschichtlich ist er der Urvater der folgenden kleineren Serien, die günstiger und damit auch erfolgreicher waren. JX-Serien (3, 8P, 10) und schließlich Alpha Juno folgten. Der (Übergangs-)Juno-60 und der Jupiter-8 waren in späteren Versionen mit dem DCB-Interface versehen, dem Roland-Vorläufer für „MIDI“ – und der 6er sowie Sequentials Prophet 600 konnte 1983 dann bereits mit MIDI über die komplette Serie ausgestattet werden.

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MIDI?

Der Jupiter-6 hatte hingegen ohne Erweiterung fast nichts außer NotenMIDI-Befehle zu bieten. Spartanischer geht es kaum. Mit der Europa-Erweiterung hat er jedoch einen deutlichen Mehrwert erhalten, die jedoch nicht mehr verfügbar, aber in vielen Geräten verbaut ist. Er liefert deutlich mehr MIDI, Controller für alle Bedienelemente, Zuweisungen zu Aftertouch, Anschlagdynamik und Arpeggiator sowie Sequencer werden damit komplex erweitert. Der Sequencer ist nur dort zu finden und jede Menge Timing-Einstellungen machen hier die Nutzung im modernen Sinne möglich.

Es erinnert an das, was der Super 6 in seiner Modulationsmatrix bietet.  Dem Jupiter-8 bleiben zwei Stimmen mehr, ein etwas breiterer Sound und eine Option für 12 dB / Oktave-Filterung. Aber die „Synthese“ ist auch mehr und stärker im „6er“, da die Mischungen der Oszillatoren im „8er“ nicht möglich sind. Deshalb hatte ich 2 in meinem Leben und habe ihn, als ich ihm wieder begegnete, sehr viel abgewinnen können. Es ist interessant, dass die Jupiter so einen großen Namen haben, aber sie sind drahtiger als JX oder die SH-Serien oder der wundervolle Jupiter 4. Wieso also Jupiter 6? Na, weil der Sound grandios fresh klingt, sogar bei jetzigen Synths.

Sound

Die Vielfalt liegt im Sound. Es gibt zwei LFOs: ein Langsamer für Vibrato und der Schnelle für „Sounds“ und FM-Klänge. Die Emulationen beschränken sich alle auf den Jupiter-8. Dem Jupiter-6 sind die meisten fern geblieben, außer einige wenige Module. Der Sound ist eigentlich sogar eher drahtig, nicht unbedingt der König der „Fettheit“, was übrigens auch der Jupiter-8 nie war.

Er ist für filigrane Ambient-Elemente jedoch super, für erstaunlich frische Sounds, leicht schnarrende Leads und Melodie-Sounds, wie die frühen Nine Inch Nails, oder auch für Störsounds mit extrem viel Charme und einer Option diesen Sound in Sekunden in einen total anderen umzuwandeln.

Und ja, er ist gewissermaßen der Anti-Oberheim-Xpander und kann genau das, was der nicht kann und ihm auch nicht liegt. Dazu gehören auch ästhetisch sehr schöne Sounds mit „Geräuschanteil„, aber auch Flächen und coole drahtige Analogbässe. Der mittige Sound ist extrem einfach in den Mix zu bekommen. So wie heute etwa bei Novation Synthesizern.

Handling des Jupiter-6

Die Zeit ist winzig, bis man die Idee in einen Sound verwandelt hat. Der Klang mit LFO-Einsatz ist spannend und auch mit etwas Crossmodulation. Die Europa-Erweiterung macht sogar den (VCO-) Sync in beide Richtung möglich. Er mag der einzige sein, der zwei Taster für Richtungen bei Sync hat. Wer es doch mal breit braucht, drückt den Unison-Taster. Außerdem liefert der Jupiter-6 auch 2 verschiedene Sounds mit Split/Dual-Optionen.

Alles Weitere an Klangeigenschaften kannst du am Ende des Videos hören und auch „zwischendurch“ in allen Details.

Wie macht sich das im heutigen Studio, wo es doch System 8, TAL und ISE-NIN gibt? Weil eben die Sounds des Jupiter-6 damit nicht so möglich sind und weil genau diese Unterschiede eine Menge Reiz ausmachen.

Der Preis dafür ist allerdings noch immer, Vintage zu kaufen – etwas, was ich ungern heute noch mache oder empfehle. Aber nachdem er repariert ist, bin ich sehr froh, genau ihn wieder zu haben. Er ist bei weitem nicht so radikal teuer wie der „8er“, jedoch muss man auch heute nach ihm suchen und ihn haben wollen. Ob du dazu gehörst, hängt vom Sound ab, hör ihn dir an. Behringer bemüht sich gerade ebenfalls um einen Clone des Großen, nicht aber nehmen sich die Hersteller den Vorteilen des Jupiter 6 an. Das ist schade. So „original“ muss es auch wieder nicht sein.

Video

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8 Antworten zu “Roland Jupiter-6: Klassische Synthesizer-Umschau”

    SlapBummPop sagt:
    0

    Hallo zusammen.
    Ich hatte einen Roland Jupiter 6, war mein erster polyphoner Synthesizer damals.
    Roland baute damals „noch“ richtig tolle Sachen m.M.n., 6500 DM waren 1987 dafür fällig, viel Geld, für einen Berufsanfänger. (ich hab’s aber zu keiner Zeit bereut.)
    Der Sound ist nicht so fett aber breit, setzt sich schön im Mix durch ohne alles andere zu überlagern.
    Ich mochte besonders (dank der flotten Hüllkurven beim Jupiter 6) die schnellen, zackigen Sounds vom Jupiter 6. (schnelle funky Akkorde, Bässe, auch härtere
    Sounds/Sequenzen (DAF oder Nitzer Ebb), sind leicht zu realisieren.)
    Dazu eine Verarbeitung und Optik mit der man lange Freude hat und auf jeder Bühnen eine richtig gute Figur macht, dass ist für mich der Roland Jupiter 6.

    Gruß
    SlapBummPop

      Moogulator sagt:
      0

      Nitzer Ebb und DM nutzten auch massiv das System 700, was man auch hören kann. Manche Bässe bei NEP sind sogar „nur“ vom SH-101. Es gibt also auch „andere“ Wege – Fett ist der Jupiter 6 eher nicht – so man nicht Unison verwendet – aber dennoch wirklich greifend und cool. Ich wünsch‘ dir, dass du ggf. so einen wieder bekommen kannst – ggf. auch dass es einen Clone oder Ersatz gibt, der die Features und Vorteile auch anbietet. ZB die schnellen LFOs – werden vom System 8 auch angeboten, Filtermodi auch – aber nur über den System-8-Mode, nicht über das Plugout – da ging also noch was…

      Das nur als Anmerkung – nicht als „Korrektur“ oder so.

    Dave sagt:
    0

    Ein Freund von mir hat noch ein Roland Jupiter 8 eingeschweißt OVP im Keller liegen. Den hatte er damals wohl gekauft als Ersatz… Der steht dort bis heute noch. Sollten ja mittlerweile über 20.000€ wert sein das gute Stück…

      SlapBummPop sagt:
      0

      Selbst original verpackt und verschweißt, wird da nach rund 40 Jahren einiges zu ersetzen sein, fürchte ich.
      Ich habe meine guten alten analogen Teile alle rechtzeitig verkauft, bevor Reparaturen fällig wurden.
      Beim Jupiter 8 würde ich dann auch gleich das Netzteil und die Tastatur upgraden lassen.

      Gruß
      SlapBummPop

        Moogulator sagt:
        0

        Vorsicht – es geht hier ja um den Jupiter 6 – also dem „kleinen“ Bruder – und seine Vorteile – auch (und grqde) weil er immer ein bisschen um Schatten des „Großen“ stand – er war deutlich günstiger. Meine Version hier wurde mit einer dynamischen Tastatur mit AT ausgerüstet, sodass man ihn auch direkt dynamisch spielen kann.

        Stimme dir aber unbedingt zu – beim Netzteil immer zuerst mal zu schauen, ob alles in Ordnung ist.
        Die Basis geht vergleichsweise robust. Bei meinem 6er musste man eher mal Fader tauschen etc./reinigen.

    SlapBummPop sagt:
    0

    Hallo „Moogulator“ schon klar, ich wollte „Dave“ nur kurz antworten.
    Übrigens „D.A.F der Mussolini“ geht super mit dem Jupiter 6 , da er m.M.n. etwas bissiger als der Jupiter 8 klingen kann ;-)

    Gruß
    SlapBummPop

    SlapBummPop sagt:
    0

    Bemerkenswerte Nutzer vom Roland Jupiter 6. (lt. „Wikipedia“)
    Charly García
    Chemical Brothers
    The Crystal Method
    Devo
    Dubstar
    Goldfrapp
    Greg Ham of Men at Work[
    Eddie Kulak of Aztec Camera
    Human League
    Julio Bashmore
    King Crimson
    Mike O’Donnell and Junior Campbell (First two series of Thomas the Tank Engine & Friends and the segments of Thomas stories from the four seasons and the Christmas special of Shining Time Station and the spin-off series, Mr. Conductor’s Thomas Tales. Also, the opening and closing themes of Thomas and Friends from 1984 to 2003.)
    Nathan Fake
    Orbital
    Orchestral Manoeuvres in the Dark
    Pet Shop Boys
    Ray Parker Jr.
    Kevin Saunderson (of Inner City)
    Rob Preuss of The Spoons
    Rhythm Plate
    Tangerine Dream
    The Unicorns
    Thomas Gandey
    Vangelis
    Vašo Patejdl
    Peggy Gou

    Marco sagt:
    0

    Es liegt nicht am Vintage, sondern daran dass man versucht krampfhaft Kosten zu sparen und digitale Software bemüht. Das klingt alles nicht mal so schlecht, aber eben wirklich anders als ein analoger Schaltkreis, der mit bits und bytes nichts am Hut hat. Warum sind die analogen Kisten seit Jahren auf dem Vormarsch? Inzwischen gibt’s ja fast gar keine virtuell analoge Hardware Synthesizer sondern die analogen haben inzwischen die Übermacht. Trotz weniger Stimmen und hohem Preis, und das will was heißen. Ob der analoge nun 50 Jahre alt ist oder oder ein aktuelles Modell spielt dabei keine Rolle. Denn die Technik macht den Sound und diese ist erzeugt durch Strom den man durch elektronische Bauteile sooft umleitet knetet formt bis ein schöner organischer Sound zustande kommt. Alte analoge Schätzchen finde ich zum musizieren inzwischen eher als Liebhaberei, denn moderne Arbeitstiere können mehr, sind komfortabler und klingen sehr sehr gut, wenn nicht sogar überlegen, aber wie gesagt, über Geschmack lässt sich ja immer streiten oder man lässt es einfach.,🤣

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