Punk-Synthesizer: 5 Klassiker aus Post-Punk, Cold Wave und Industrial
Warum sollte man den Gitarristen den ganzen Spaß überlassen? Auch Synthesizer haben dem Punk und verwandten Genres ihren Stempel aufgedrückt. Hier sind fünf rotzige Punk-Synthesizer und ihre modernen Hardware- und Software-Entsprechungen.
Dieser Artikel von Adam Douglas erschien ursprünglich auf gearnews.com. Übersetzung: Lasse Eilers.
Punk-Synthesizer. Klingt wie ein Widerspruch in sich, oder? Das muss es aber nicht sein. Für Puristen mag Punk zwar nur aus Gitarren, Bass und Schlagzeug bestehen. Das Tolle an diesem Genre ist ja aber, dass es die Initialzündung für einen ganzen Schwung verwandte Musikstile war, aus denen Synthesizer nicht wegzudenken sind. Ohne Punk gäbe es keinen Post-Punk, der geradezu von düsteren und melancholischen Synthesizer-Sounds lebt. Und dann ist da natürlich noch Industrial – undenkbar ohne Punk-Synthesizer.
Für viele Bands der späten 1970er- und frühen 1980er-Jahre, die nicht zum kommerziellen Mainstream gehörten oder sich diesem sogar explizit verweigerten, mussten Synthesizer in erster Linie günstig sein. In der Regel bedeutete das: monophon. Für Bands mit Punk-Attitüde war es natürlich auch von Vorteil, wenn die Instrumente laut und etwas ungehobelt waren. Daher tauchen in dieser Liste sowohl der MS-20 als auch der Wasp auf, zwei der widerspenstigsten Synthesizer, die jemals in Serie produziert wurden.
Inzwischen sind die in dieser Liste genannten Punk-Synthesizer natürlich alles andere als billig. Wer sich Vintage-Synthesizer leisten kann, erregt heute schnell den Verdacht, zum Establishment zu gehören … Aber von allen gibt es moderne Nachbildungen, sowohl als Hardware als auch als Software. Und so schließt sich der Kreis, denn viele davon sind überraschend günstig.
Punk-Synthesizer
Punk-Synthesizer: KORG MS-20
1978 brachte KORG den MS-20 auf den Markt. Der semi-modulare Synthesizer mit zwei Oszillatoren wurde in nur sechs Monaten entwickelt – schon das war irgendwie Punk. Dank seiner beiden legendär rotzigen Filter und seines Ringmodulators ist er so punkig wie ein Synthesizer nur sein kann.

Auch in puncto Erschwinglichkeit passte er ins Bild, denn er war damals für nur 600 Dollar zu haben. Das machte ihn beliebt bei lauten Independent-Bands wie Einstürzende Neubauten, KMFDM und Add N to (X). Sein kleiner Bruder, der MS-10 mit nur einem Oszillator, ist ebenfalls ein beliebter Punk-Synthesizer – vielleicht sogar noch ein bisschen mehr.
Im Jahr 2013 wagte KORG einen damals spektakulären Schritt und brachte eine Neuauflage des eigenen Klassikers auf den Markt: den MS-20 Mini. Er ist zwar etwas kleiner als das Original, ansonsten aber nahezu identisch. Der MS-20 Mini ist nach wie vor erhältlich, ebenso wie das seitdem erschienene Remake von Behringer, der K-2 MKII. Auf der Softwareseite gibt es neben KORGs eigener Emulation in der KORG Collection den MS-20 V von Arturia und den PS-20 von Cherry Audio. Alle bekommst du bei Thomann*.
Punk-Synthesizer: EMS Synthi
Obwohl er bereits 1971 auf den Markt kam – lange vor der Punk-Ära –, darf der modulare EMS Synthi hier nicht fehlen, denn sein Sound ist definitiv Punk! Außerdem war es einfach ein genialer Schachzug, den VCS3 in einen tragbaren Koffer (Synthi A) zu packen. Die Ergänzung um ein Touchplate-Keyboard im Deckel (Synthi AKS) war sogar noch genialer. Krach im Köfferchen!
Wie der ältere VCS3 weigerten sich die Synthis beharrlich, die Stimmung zu halten und morgen noch genauso zu klingen wie heute. Deshalb nutzten viele Musiker sie vor allem dazu, Geräusche zu erzeugen oder andere Signale damit zu bearbeiten. Sowohl der Synthi A als auch der AKS fanden ihren Weg ins Setup vieler Bands und Künstler wie Alien Sex Fiend, SPK und Merzbow.
Moderne Hardware-Klone, wie wir sie heute gewohnt sind, sind für EMS-Instrumente immer noch rar gesät. Am nächsten kommt ihm wohl der SYNTRX II von Erica Synths, der zwar kein exakter Synthi-Nachbau ist und auch anders klingt, aber einen sehr ähnlichen Signalweg hat und sogar mit der berühmten Pin-Matrix zum modularen Patchen aufwartet. Softwareseitig ist der Synthi V von Arturia bisher ziemlich allein auf weiter Flur. Besonders spannend ist auch der XILS 4 von Xils Lab, der den nie in Serie gebauten EMS VCS4 emuliert. Alle drei Alternativen sind bei Thomann* erhältlich.
Punk-Synthesizer: Sequential Circuits Pro-One
1981 waren monophone Synthesizer endgültig abgemeldet, heißt es oft. Aber das stimmt natürlich nur bedingt. Superteure Polysynths wie den Yamaha CS-80 und den Oberheim Eight Voice konnten sich schon damals nur die Wenigsten leisten. „Normalsterbliche“ Musiker brauchten etwas Günstigeres, aber nicht weniger Wirkungsvolles. Hier kam der Pro-One von Sequential Circuits ins Spiel.
Der Pro-One basierte auf ähnlichen Schaltungen wie der Prophet-5 und lieferte hochwertige analoge Sounds für vergleichsweise wenig Geld. Mit zwei Oszillatoren, dem 4-Pol-Filter aus dem Prophet und einer leistungsfähigen Modulationssektion fand er seinen Weg auf Alben von Gruppen wie Skinny Puppy, Man Parrish und The Prodigy.
Als moderne Alternative zu diesem Punk-Synthesizer ist der Pro-1 von Behringer natürlich die naheliegende Wahl. Er bildet den berühmten Vintage-Synthesizer im Desktop- bzw. Rackformat nach. Die beste Software-Emulation ist wahrscheinlich u-he Repro, das neben dem Pro-One auch den Prophet-5 emuliert. Und Sequential? Obwohl der Pro 3 genaugenommen der direkte Nachfahre des Pro One im Portfolio des Herstellers ist, hat der gerade erschienene Fourm irgendwie deutlich mehr Punk-Attitüde als der sehr viel teurere Monosynth. Alle drei modernen Alternativen bekommst du bei Thomann*.
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Punk-Synthesizer: Roland SH-101
Ein weiterer Monosynth, der sich erfolgreich dem Trend zu polyphonen Instrumenten in den 80er-Jahren widersetzte, ist der SH-101. Das lag sicher am Preis – mit rund 500 Dollar war der von 1982 bis 1986 produzierte Synthesizer recht erschwinglich –, aber auch am integrierten Sequencer und natürlich am Sound. Obwohl der SH-101 eher einfach aufgebaut ist, kann er eine überraschend große Bandbreite von Sounds liefern, von funky Basslines über Acid-Sequenzen bis hin zu schneidenden Leads.

Dank seiner Wiederentdeckung in der Acid-Ära wird er heute eher mit Techno assoziiert. Aber auch viele namhafte Post-Punk- und New-Wave-Bands nutzten den SH-101, darunter The Cure und John Foxx. Chris Carter von Throbbing Gristle hatte auch einen, was allerdings nicht verwundert, da er ein bekennender Roland-Fan war. Auch in den 90ern wurde der SH-101 längst nicht nur von Techno-Künstlern genutzt; unter anderem setzten Mika Vainio von Pan Sonic und Alec Empire ihn ein.
Weil der SH-101 so beliebt ist, gibt es zu ihm inzwischen mehrere moderne Alternativen. Roland selbst bietet den virtuell-analogen SH-01A und einen Software-Synthesizer in der Roland Cloud an. Behringer hat den SH-101 als MS-1 MKII analog geklont – sogar inklusive Modulationsgriff und Umhängegurt. Weitere Software-Alternativen sind Softube Model 82 und D16 Group Lush-2. Viele davon sind bei Thomann* erhältlich.
Punk-Synthesizer: Electronic Dream Plant Wasp
1978 brachte der britische Hersteller Electronic Dream Plant den Wasp auf den Markt, einen kleinen, bizarren, schwarz-gelben Synthesizer im wabbeligen Plastikgehäuse mit digitalen Oszillatoren, einem eingebauten Lautsprecher und einer Touchplate-Tastatur. Da er nur etwa 200 Pfund kostete, wurde er für viele Künstler jener Generation zum ersten Synthesizer. Also war er auch bei den Synth-Bands jener Zeit weit verbreitet, vor allem bei den lauteren. Nicht punkig genug? Wenn man den eingebauten Lautsprecher per Mikrofon abnimmt, wird der Sound noch kaputter!

Der Wasp wurde von keinem Geringeren als Chris Huggett entworfen, der später den OSCar entwickelte, für AKAI arbeitete und an der Entwicklung vieler Novation-Instrumente wie der Bass Station mitwirkte. Er wurde von zahlreichen Künstlern verwendet, von Devo, The Cure und Spacemen 3 bis hin zu Dave Stewart, Daniel Miller und Fashion.
Heute gibt’s den Wasp-Sound als Hardware von Behringer (WASP Deluxe) und als Software von Cherry Audio (Yellowjacket). Beide gibt es bei Thomann*. Seit vielen Jahren ist außerdem die Software-Emulation daHornet von NUSofting beliebt.
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