von Marcus Schmahl | Geschätzte Lesezeit: 8 Minuten
Electronic Music Producer: Bandmaschinen-Simulationen Hard- und Software

Electronic Music Producer: Bandmaschinen-Simulationen Hard- und Software  ·  Quelle: Marcus Schmahl

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Der Sound eines Songs oder Mehrspuraufnahme, die auf ein Tape einer Bandmaschine überspielt wird, klingt bis heute einzigartig und unerreicht. Wärme, Tiefe, eine unnachahmliche Dynamik, eine unvergleichliche Behandlung des Bassbereichs – das und noch viel mehr erreichen wir mit einer solchen Prozedur. Leider sind jedoch Bandmaschinen extrem teuer oder auch selten gebraucht zu einem bezahlbaren Preis zu erwerben (siehe u.a. Metaxas & Sins TR-X Tourbillon). Glücklicherweise gibt es sogenannte Emulationen/Simulationen in Hard- und Software-Form, die genau diesen Klang nachahmen sollen. Und dazu weitaus kostengünstiger zu haben sind. Ich habe mir diese in meinem Studio zur Serie „Electronic Music Producer“ einmal angeschaut und möchte euch fünf meiner Lieblings-„Maschinen“ hier vorstellen.

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Strymon DECO: ein Bodentreter ersetzt eine Bandmaschine?

Mein erster Gedanke war natürlich: eine Bandmaschine in einem so kleinen und leichten silbernen Gehäuse aus Aluminium? Dieses DECO von Strymon musste ich testen (ich besitze die erste Version von DECO). Mit fünf Drehreglern (Saturation, Blend, Lag Time, Volume und Wobble), einem Schalter (Sum, Invert und Bounce) und zwei Footswitches (Tape Saturation Bypass und Double Tracker Bypass) könnt ihr den Klang der Emulation einstellen. Anschlussseitig gibt es einen Stereoklinke-Eingang, einen Expression-Pedal-Eingang, zwei Monoklinke-Ausgänge (links/rechts) sowie den Anschluss an das externe 9 V Netzteil.

Der Sound der „digitalen Emulation“ (über einen integrierten ARM-Chip) überrascht und erzeugt tatsächlich die typischen Bandmaschinen-Vibes. Die Tape-Saturation und die Emulation reduziert sehr angenehm harsche Höhen und „klebt“ verschiedene Frequenzbänder zusammen. Und das von subtil bis hin zu einer sehr starker Saturation und einem übertriebenen Tape-Effekt. Ihr könnt sogar sehr coole Delay-Effekte herstellen, die zusätzlich im Timing recht interessant moduliert werden. Eben typisch Tape!

Das Bodeneffektpedal ist also nicht nur für Gitarristen, sondern findet bei mir einen festen Platz als Effektgerät für Mikrofonaufnahmen, Nachbearbeitung analoger und digitaler Synthesizer (auch VSTis) sowie zum Klangfärben des Fender Rhodes E-Pianos. Bei manchen eher minimalen Produktionen funktioniert DECO sogar wirklich gut auf der Summe vor meinem Limiter. Probiert das doch einmal aus!

PS: Die V2 bietet zusätzlich noch den klassischen Kassettendeck-Sound.

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Handsome Audio Zulu: viel Voodoo und Mojo mit überraschendem Ergebnis

Die Einmann-Firma Handsome Audio präsentierte im Jahr 2017 und eher im „Untergrund“ eine neue Hardware namens Zulu. Ein in der Garage entstandenes Boutique-Gerät, das optisch ins Auge fällt und gleich mehrere Bandmaschinen klangtechnisch ersetzen soll? Die frühen Tester konnten es nicht glauben, aber waren nach den ersten Tests mehr als begeistert. Der Entwickler selbst spricht nicht gerne über die „Innereien“ – es sei ein Geheimnis. Dazu arbeitet die Kiste passiv – also ohne Strom und ohne Batterie (!). Und das soll eine Bandmaschine und sogar mehr ersetzen? Klingt eher nach Zauberei und Einbildung.

Und genau das musste ich, als Fan des Tape-Sounds, doch einmal testen. Leider ist es nur sehr schwierig, an die handgefertigten Geräte zu kommen (dazu sitzt der Entwickler in den USA). Endlich angekommen und ausgepackt merke ich in meinem Gesicht das erste Grinsen – sieht sehr schick und cool aus. Zwei Kanäle (links/rechts) mit je vier großen Reglern (Deck, Bias, Enhance und Headroom) mit verschiedensten Einstellungen und Funktionen auf der angeschrägten Oberseite und dazu nochmals je ein Regler auf der Rückseite (Calibration). Dort findet ihr auch die XLR-Ein- und -Ausgänge. Die Hardware emuliert gleich drei Decks: 4-Spur Kassette, Ampex 456/Otari und Studer.

Handsome Audio Zulu

Handsome Audio Zulu

Aber das war noch lange nicht alles! Denn „Bias“ agiert als eine Art One-Knob Equalizer (Tilt-Shelf EQ) mit ein Prise Kompressor-Mojo in elf Stufen, „Enhance“ ist ein Multieffekt (paralleler Obertongenerator in Kombination mit EQ, Dynamik) und mit „Headroom“ steuert ihr die Eigenschaften eines Kompressors (von crunchy bis transparent). Dazu verändert „Calibration“ den Klang nochmals in vier Schritten (Pseudo Tape Formula, von LoFi bis „kristallklar“). Das ist aber nur eine knappe Erklärung der Funktionen. Weitere Informationen und eine Geschichte hierzu findet ihr in dem Benutzerhandbuch auf der Website des Herstellers.

Natürlich lassen sich die einzelnen klangfärbenden Funktionen jeweils in einen Bypass schalten. Ein überaus vielseitiges Gerät mit unheimlich vielen Möglichkeiten, den Klang zu verändern und verschiedene Bandmaschinen auf unterschiedliche Weisen zu emulieren. Bei mir und meinen Klienten kommt der Effekt mehr als gut an (Feedback: „jetzt klingt es total nach Vinyl“, „Verschmelzung aller einzelnen Spuren zu einem Song“ und „warme, seidige Vocals“). Die Kiste hat definitiv jetzt schon einen festen Platz neben mir auf dem Studiotisch.

Ein Tipp von mir: Preamp vor die Hardware setzen, um Zulu mit verschiedenen Lautstärken anzufahren. Das bringt nochmals mehr von diesem typischen „Mojo“ Tape Sound – und es ist für mich wirklich „Zauberei“.

Preis: ca. 800 Euro (zuzüglich Mehrwertsteuer, Versand und Zoll)

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Softube Tape: drei Tape-Emulationen in einer Software

Der Traum eines Musikproduzenten ist doch schon mal gelegentlich, den eigenen Mix einmal „durch eine Bandmaschine zu jagen“, um den unerreichten Tape-Klang zu erhalten. Oder seht ihr das anders? Genau so verhält es sich doch auch mit dem legendären SSL G-Comp „Glue“-Effekt. Und genau das verspricht uns der Entwickler Softube mit seinen hochwertigen Software-Emulationen, was man an der CPU-Belastung sehen kann. Das Plugin-Tape ist eine Bandmaschinen-Emulation, die gleich drei Bandmaschinentypen in unsere DAW bringt.

Nummer 1, also „Typ A“, ist einem schweizer Hersteller von Bandmaschinen nachempfunden und geht eher den linearen und präzisen Weg. „Typ B“ dagegen mag es färbender und basiert auf einer Transformer-Maschine, die dem Sound mehr Wucht und Tiefe verleiht. Und „Typ C“ gibt dem Sound das typisch britische Vintage-Feeling. Die Bedienung ist recht einfach und man kommt wirklich schnell zum gewollten Ziel – der Mix oder die Audiospur klingt nach Tape. Sehr schön!

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Softube Tape

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Universal Audio UAD Spark Studer A800 Tape Machine: die echte Bandmaschine als Plugin

Ein weiterer Kandidat, der in meiner Bandmaschinen-Sammlung nicht fehlen darf, ist die Emulation der Studer A800 Tape Machine von Universal Audio. Die UAD-Version ist seit etlichen Jahren in meinen Produktionen im Dauereinsatz. Seit einiger Zeit gibt es diesen Effekt jetzt auch losgelöst von dem UAD-Universum als natives VST für macOS und Windows (Spark Abonnement). Also wer kein Apollo Interface oder UAD Hardware besitzen sollte, kann das Plugin auch ohne DSP betreiben. Und das wirklich mit einer angenehmen CPU-Auslastung. Dazu ist das Plugin auch mit der hauseigenen DAW LUNA kompatibel.

Nicht nur optisch erhaltet ihr hiermit eine „echte“ virtuelle Bandmaschine, sondern auch der Sound stimmt. Das Plugin bringt eine Menge Klangcharakter in eure Audio- und Instrumentenspuren. Und das mit druckvollem Bass und dem typischen Analogsound. Es lassen sich unterschiedliche Bandarten auswählen sowie alle Einstellungen des 400 kg schweren Originals regeln. Das Tool reagiert sogar in einer Art Mehrspurbetrieb, falls ihr mehrere Instanzen des Effekts in verschiedenen Spuren untergebracht habt. Also eine echtes Mehrspur-Tracking. Und auch hier muss ich sagen, dass ich sehr von dem recht authentischen Sound angetan bin.

Für Besitzer einer Apollo oder UAD Hardware eigentlich ein Muss und für Interessenten der Spark Subscription ein absoluter Pluspunkt.

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Baby Audio TAIP: künstliche Intelligenz für einen optimalen Tape-Sound?

Baby Audio ist ein kleinerer Software-Hersteller, der sich einen Namen mit ungewöhnlichen (eher außergewöhnlichen) Funktionen seiner Effekte in der Szene gemacht hat. Dieser hat ebenso eine Bandmaschinen-Emulation namens TAIP im Programm. Das Unvorstellbare ist hier die künstliche Intelligenz, die im Hintergrund den perfekten Tape-Sound erzeugen soll. Aber wie soll das funktionieren? Intelligente Wärme, lernende Verschmelzung einzelner Spuren im Mix? Klingt komisch, aber irgendwie auch spannend.

Aber KI hin oder her. Am Ende soll der Klang und die Möglichkeiten überzeugen. Und das macht es hier für mich. Das grafische Benutzerinterface ist ansprechend designt und enthält alle wichtigen Regler zum Beeinflussen des typischen Tape-Sounds (Wear, Noise, Glue, Presence, Hi-Shape und Lo-Shape). Darüber hinaus liegen dem Tool etliche Presets bei, die das Einsatzgebiet des Effekts sehr genau zeigen. Für einen Preis von knappen 70 Euro ein tolles Plugin, um den legendären Klang einer Bandmaschine in meine DAW zu bekommen.

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Fazit

Natürlich ist das nur ein kleiner Auszug aus dem großen Angebot an Emulationen vom legendären Sound einer Bandmaschine. Gerade im Plugin-Sektor gibt es Unmengen an Software, mit denen ihr diesen einzigartigen Klang „erreichen“ könnt. Und das zu unterschiedlichen Preisen und mit verschiedenen Möglichkeiten. Aber man sollte immer daran denken, dass ich hier über Emulationen geschrieben habe, die sicher niemals den echten Bandmaschinen-Sound ersetzen werden. Mir persönlich reicht die Emulation für meine Bedürfnisse. Und manchmal finde ich die Ergebnisse meiner Hardware-Kisten und Software-Pendants sogar ein wenig besser, als eine echte Überspielung auf eine Tape-Machine, bei der man bei Weitem nicht so stark eingreifen kann.

Habt ihr weitere Favoriten, mit denen ihr den Tape-Sound in eure DAW zaubert? Ich bin schon auf eure Vorschläge gespannt: bitte in die Kommentarsektion posten!

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Bildquellen:
  • Handsome Audio Zulu: Marcus Schmahl
  • Deal: Softube Tape bringt euch Wärme für nur 39 Euro!: Softube
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2 Antworten zu “Electronic Music Producer: Bandmaschinen-Emulation Hard- und Software”

    Schmock sagt:
    1

    „Dazu arbeitet die Kiste passiv … Klingt eher nach Zauberei und Einbildung.“
    Mal einen Blick hinein riskiert?
    Ist vielleicht gar nichts drin, außer einer direkten Verbindung zwischen Ein- und Ausgang (und einem Stein). ;-)

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