von Jan Rotring | Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten
Aktive oder passive Pickups - der Vergleich

Aktive oder passive Pickups - der Vergleich  ·  Quelle: Shutterstock / 4 PM production

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Pickups gibt es in vielen Formen und Varianten. Doch abgesehen von Bauart und Format gibt es besonders eine Frage, die geeignet ist, die Gemüter zu erhitzen: Passiv oder Aktiv? Wir nähern uns dieser Frage und stellen die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Pickup-Optionen vor. Und wer weiß – vielleicht gibt es ja doch den „besten“ Tonabnehmer für die E-Gitarre?!

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Passive oder aktive Pickups – die Debatte

Ja, wir GitarristInnen lieben es, emotionale und höchst engstirnige Debatten zu führen. Insofern sind wir dem politischen Diskurs unserer Zeit weit voraus. Dabei ist das Thema ähnlich aufgeladen wie die Frage, was eigentlich die Faszination Röhrensound ausmacht.

Und tatsächlich sind die gängigen Argumente mit denen vergleichbar, die in der Debatte „Röhre vs. Transistor“ immer wieder vorgetragen werden: Auf der einen Seite steht, so die Verfechter der passiven Tonabnehmer, das analoge, vintage-korrekte Feeling und DER klassische E-Gitarren Sound. Auf der anderen Seite wird mit modernen Fortschritten, variantenreichem Output und Feedback-Unanfälligkeit argumentiert.

Betrachten wir vor einer eindeutigen Stellungnahme (ja, dazu lasse ich mich hinreissen) zunächst die Bauweisen und Funktionen der Tonabnehmer, passiv wie aktiv.

Passive Tonabnehmer – Bauweise und Funktion

Passiver Singlecoil im klassischen Aufbau

Passiver Singlecoil im klassischen Aufbau

Passive Pickups sind die Urform des Tonabnehmers und werden weitestgehend unverändert seit dem Triumphzug der E-Gitarre von beinahe allen Herstellern eingesetzt. Ob Blues, Jazz, Rock & Roll, früher Heavy Metal oder traditionelle Musik – der Sound eines passiven Pickups ist jedem Musikfan bekannt.

Ein passiver Tonabnehmer besteht aus einem Spulenkörper, einigen Metern Kupfer- oder (seltener) Silberdraht und ein paar Magneten. Noch eine schöne Abdeckung drüber gelegt und fertig ist der klassische Humbucker oder Singlecoil, wie wir ihn aus Les Paul, Strat und Tele kennen.

Die einfache Bauweise basiert auf dem physikalischen Prinzip der Induktion, bei dem die Schwingung der metallischen Saite durch das Magnetfeld des Tonabnehmers einen Strom erschafft. Durch unterschiedliche Materialeigenschaften lassen sich die tonalen Besonderheiten von passiven Tonabnehmern beeinflussen.

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Passive Tonabnehmer – Unterschiedliche Sounds dank physikalischer Eigenarten

Die Art und Länge des verwendeten Drahts, die eingesetzten Magnete in ihrer Stärke und ihrem Material und auch die Anzahl der Spulen (Singlecoil vs. Humbucker) machen mitunter einen gewaltigen Unterschied.

Eine einfache Veränderung eines Bestandteil des passiven Tonabnehmers kann den Sound eines Instruments nachhaltig verändern. So wird der Output zwar mit jeder Windung der Spule steigen, ebenso jedoch der Bass- und Mittenanteil im Sound.

Auch die Art der verwendeten Magnete macht sich tonal bemerkbar. Die oftmals besprochenen AlNiCo-Magnete liefern dank ihrer Legierung einen etwas wärmeren Sound als die keramischen Magnete. Wir haben uns mit diesem Thema bereits hier auseinandergesetzt: Ceramic vs. Alnico – welche Pickups klingen besser?

Vor- und Nachteile der passiven Tonabnehmer

Arbeit gegen das Brummen - Rail Pickups

Arbeit gegen das Brummen – Rail Pickups

Passive Tonabnehmer haben ein ausgesprochen dynamisches Verhalten und lassen sich auf Grund ihrer einfachen Bauweise recht exakt a die soundtechnischen Bedürfnisse von Gitarristen und Gitarristinnen anpassen. Dabei liefern sie eine klaren, akzentuierten Sound, der je nach Output mal cleaner, mal dreckiger sind.

Die Bandbreite von passiven Pickups ist dabei bemerkenswert. Von klar tönenden, zurückhaltenden Singlecoils mit AlNiCo-Magneten bis zum Humbucker-Metalbrett mit Keramikmagneten und ca. 60 km Spulendraht ist alles möglich.

Dabei haben passive Pickups jedoch auch einige Nachteile. Zunächst brummen passive Singlecoils. Natürlich kann man mit einer guten Abschirmung, korrekter Saitenerdung und Noisegates einiges machen, aber sie brummen. Telecaster- und Stratocaster-Player haben das bereits seit Jahrzehnten zu akzeptieren gelernt.

Außerdem wirkt sich die Tone-Kontrolle bei passiven Pickups meist massiv auf den Höhen- und Bassanteil des Tonabnehmers aus. Nicht zu vergessen die Output-Problematik: Zwar klingen Pickups mit wenigen Windungen wunderbar klar und offen, lassen aber Power vermissen. Andererseits liefern outputstarke Passive einen eher dunklen, teilweise fast dumpfen Ton an den Amp.

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Aktive Tonabnehmer – Spannung aufnehmen!

So richtig aufgekommen sind aktive Tonabnehmer für die E-Gitarre erst in den 1980er Jahren, als die Sehnsucht nach harten, metallischen Sounds mit der New Wave Of British Heavey Metal an die US-amerikanische Westküste brandete. Besonders der amerikanische Hersteller EMG hat sich hier mit unterschiedlichsten Modellen bei der Entwicklung hervorgetan.

Rein technisch hat diese „neue“ Technologie jedoch kaum eigene Neurungen: Im Grund handelt es sich beim aktiven Pickup um einen klassischen, passiven Tonabnehmer, der im Inneren seines Gehäuses mit einem kleinen, sehr kompakten Vorverstärker ausgestattet ist. Die aktiven Tonabnehmer werden dabei von einer Spannungsquelle gespeist, meist in Form einer oder mehrerer 9V-Blockbatterien im Korpus der Gitarre untergebracht werden müssen.

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Aktive Tonabnehmer – mehr Dampf mit mehr tonalen Reserven

Der klassische, aktive PU von EMG

Der klassische, aktive PU von EMG

Pickups, die mit einer aktiven Stromversorgung ausgestattet sind, haben dabei einige Vorteile, die vor allem aus dem theoretisch sehr hohen Output resultieren.

Die hohe Ausgangslast liefert mehr Saft a den Verstärker und ist dadurch in der Lage, Röhren und Preamps ordentlich anzufeuern. Gerade bei Distortion und Overdrive ein entscheidender Faktor, um ohne Booster und Co. auszukommen. Dabei müssen Nutzer aktiver Pickups nicht auf die klaren Höhen verzichten: Die Gleichung mehr Output=weniger Höhen trifft bei aktiven Tonabnehmern zumindest physikalisch nicht zu.

Ein weiterer, unverkennbarer Vorteil ist die nahezu komplette Brummfreiheit (schönes Wort): Die Möglichkeit, Singlecoils nahezu lautlos zu betreiben ist gerade für Freunde des klassischen Strat- oder Telesounds ein erhebendes Gefühl. Zudem arbeiten die aktiven Tonabnehmer eher wie ein EQ in der Gitarre und je nach Voreinstellungen und Tonabnehmer lassen sich tonale Wechsel bereits durch die Pickups selbst mehr beeinflussen als durch manch ausgeklügelte Verkabelung bei passiven Tonabnehmern.

Die aktive Schattenseite – Seelenlos oder einfach nur leer?

Aktive Pickups haben zahlreiche Vorteile, wie wir grad schon beleuchtet haben. Doch wo mehr Technikanzutreffen ist, ist meist auch mit mehr Fehlern zu rechnen.

Zunächst muss in der normalen E-Gitarre regelmäßig Platz für die Stromversorgung geschaffen werden. Ein zusätzlich gefrästes Batteriefach ist dabei nicht Jedermanns Sache. Zudem werden die Batterien durch das Einstecken des Kabels in die Ausgangsbuchse der Gitarre aktiviert. Und jeder einzelne Gitarrist, jede einzelne Gitarristin wird sich im Laufe der Zeit einmal dabei erwischen, die unerklärlichen Soundprobleme zu suchen. Und dabei erst nach mehreren Stunden auf die leere (oder schlimmer: fast leere) Batterie der aktiven Pickups kommen.

Zudem ist die Art, auf die aktive Tonabnehmer reagieren, eher ungewöhnlich: Ihre Dynamik ist auf Grund des verbauten Preamps eingeschränkt und reagiert anders als es bei klassischen, passiven Tonabnehmern der Fall ist. Häufig wird aktiven Pickups daher eine gewissen Seelenlosigkeit vorgeworfen – zu Recht oder Unrecht, muss dabei Jede und Jeder selbst beurteilen.

Aktive und passive Tonabnehmer – Ein Plädoyer

Ab ins Labor - Tonabnehmer wechseln

Ab ins Labor – Tonabnehmer wechseln

So gern ich emotionale Debatte um Gear und Instrumente auch entschärfe und mich mit allen unterschiedlichen Seiten anfreunden kann – beim Thema Pickups bin ich entschieden. Und auch auf die Gefahr hin, dass ich nun diversen millionen Leserinnen und Lesern auf die Füße trete (ich bin mir meiner texterischen Reichweite durchaus bewusst…): Für mich sind aktive Tonabnehmer die besseren Pickups. Sie klingen in meinen Ohren durchsetzungsstärker, bilden Clean und Crunch gleichermaßen sauber ab und können Highgain ohne Matschen.

Ob bei einer klassischen SSS-Strat, einer Les Paul oder in meiner geliebten, alten koreanischen Squier aus den 80ern – mit aktiven Tonabnehmern bekommen ich genau den Sound, den ich mir von meiner Gitarre wünsche. Und das ganze Chaos von Effektgeräten, Soundprozessoren, Pre- und Poweramps, Boxen und Co. macht es mir eh schon schwer genug.

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Ab ins Labor

Doch auch wenn ich für mich entschieden habe, dass ich aktiven Tonabnehmern den Vorzug gebe – passive Pickups sind definitiv gekommen um zu bleiben. In den unterschiedlichsten Varianten, vom Highgain-Monster (mit ordentlich Dumpf, wie ich finde…) bis zum glockenklaren Singlecoil bilden diese Urahnen der E-Gitarrentechnik ein breites Spektrum ab.

Und wie immer gilt: Probieren, experimentieren und entdecken ist nicht nur erlaubt – es ist unsere musikalische Pflicht. In diesem Sinne: Hauptsache überhaupt irgendein Pickup!

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Bildquellen:
  • Passiver Singlecoil im klassischen Aufbau: Shutterstock / StartosXIII
  • Arbeit gegen das Brummen - Rail Pickups: Shutterstock / elandros123
  • Der klassische, aktive PU von EMG: Shutterstock / Cesare Andrea Ferrari
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