von Jan Rotring | Geschätzte Lesezeit: 11 Minuten
Verstärker Mikrofonieren - Analoger Sound für Alle!

Verstärker Mikrofonieren - Analoger Sound für Alle!  ·  Quelle: Lee Martin / Alamy Stock Foto

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Die Faszination, die ein analoger Röhrenverstärker auf uns Gitarristen ausübt, ist hinreichend beleuchtet worden. Doch nicht nur live oder im Proberaum ist der Röhrenverstärker eine durch seinen natürlichen Sound eine Macht. Verstärker zu mikrofonieren, ist eine Kunst, die es zu erlernen sich lohnt. Besonders, wenn die Locations größer werden oder Aufnahmen im Studio anstehen. Wir verraten die Geheimnisse der Amp-Mikrofonierung für Gitarristen.

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Um einen guten Überblick zu diesem Thema zu bekommen, werden wir uns neben der richtigen Herangehensweise auch auf das notwendige Equipment stürzen. Das Ziel dieser kleinen Abhandlung ist es schließlich, praktische Tipps und Anleitungen zu geben. Und so den eigenen Röhrensound professionell und möglichst optimal einzufangen.

Vorteile der Amp-Mikrofonierung – warum das Ganze?

Moderne Amp-Simulationen, direkte Anbindung von Amps am PC oder ein Pedalboard-Verstärker: Die Möglichkeiten, den Sound deiner Gitarre schnell und einfach einzufangen, sind vielfältig und in der Regel auch deutlich einfacher und schneller, als durch Amp-Mikrofonierung zu realisieren. 

Dennoch hat das Mikrofonieren von Verstärkern einige entscheidende Vorteile für uns Gitarristen: Die Authentizität des Sounds, die Vielseitigkeit der möglichen Signalketten und die Kontrolle, die wir über den Sound haben.

Verstärker Mikrofonieren: Von der Authentizität des Sounds

Digitale Simulationen und technische Lösungen können noch so gut sein, den Charakter des eigenen Amps nachzubilden, ist bislang noch keiner Software im Detail gelungen. 

Besonders deutlich wird dies bei der Betrachtung von mehreren „identischen“ Röhrenamps. Auf Grund von Fertigungstoleranzen und Einstellungen im Inneren des Verstärkers ähneln sich Röhrenamps aus einer Serie zwar, einen identischen Sound aus zwei Amps einer Serie zu bekommen, ist jedoch ein Ding der Unmöglichkeit

Gern wird über „den“ Bluesbreaker- (oder Twin Reverb oder Deluxe oder Plexi oder was auch immer) Sound geschrieben. Doch den einen Sound gibt es nicht, jeder Amp hat seinen Charakter. 

Und hier kommt das Mikrofonieren von Verstärkern ins Spiel. Denn statt mit einer Software zu versuchen, den Charakter nachzubilden, werden beim Mikrofonieren eines Verstärkers diese kleinen Eigenheiten 1:1 eingefangen und auf Band bzw. SSD gebannt.

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Mehr Vielseitigkeit dank analogem Equipment?

Röhrenverstärker - Musikmachen per Handanlegen
Röhrenverstärker – Musikmachen per Handanlegen

Neben der Möglichkeit, den Charakter und Sound eines Verstärkers durchs Mikrofonieren einzufangen, ist vor allem die Vielseitigkeit dieser Methode von Vorteil. Während digitale Aufnahmen zugegebenermaßen praktisch sind, ist der Übergang ins Live-Spielen nicht gerade einfach. Wer will schon mit einem Laptop auf der Bühne stehen und das nächste Patch laden, wenn der Drummer schon „1,2,3,4“ ruft?

In der Tat ist das Mikrofonieren oder Abnehmen eines Verstärkers im Live-Setup nicht ganz einfach. Einmal angeeignet, kannst du jedoch deinen Sound jederzeit mitnehmen und die Vorzüge eines live gespielten Röhrenamps genießen. 

Zudem lassen sich durch das Mikrofonieren des Verstärkers nicht nur dessen Charakteristiken einfangen: Auch alle vorgeschalteten Effekte und Instrumente werden in ihrem direkten Zusammenspiel festgehalten.

Feedback und Dynamik

Die Dynamik, die ein „echter“ Verstärker dir beim Spiel mit einer hochwertigen Gitarre gibt, ist durch nichts zu ersetzen. Tone- und Volume-Potis können nur hier ihren wahren Wert ausspielen. 

Um genau diese Kontrolle aufzunehmen und im Recording mit der eigenen Band abzurufen, führt kein Weg am analogen Abnehmen des Amps vorbei. Das Mikrofonieren deiner Verstärker übermittelt die Nuancen und Feinheiten, die Dynamik im Spiel exakt — vorausgesetzt, du möchtest es. Aber auch ein fettes Distortion-Brett hört sich gut abgenommen geil an.

„Grundlagen der Amp-Mikrofonierung“

Also, auch wenn es altertümlich erscheint und nicht immer praktisch ist, das Mikrofonieren von Verstärkern hat seine Vorteile. Kommen wir als vom „Warum“ zum „Wie“. Nacheineinander betrachten wir SignalwegRaumakustik und Mikrofon-Positionen und Winkel.

Um die Grundlagen der Mikrofonierung zu verstehen, musst du zunächst ein Verständnis für den Signalweg von der Gitarre zum fertigen Sound entwickeln. Gerade wenn das endgültige Signal per Mikrofon abgenommen werden soll, muss vor dem Mikrofon selbst alles passen. 

Der Signalweg beschreibt im Endeffekt jedes einzelne Bauteil, das an der Soundentstehnung beteiligt ist. Von deinen Fingern (und dem Plektrum) über die Saiten, die Tonabnehmer, Elektronik und Ausgangsbuchse der Gitarre, durch die Kabel, Effektgeräte, den Amp selbst und schließlich die Lautsprecher und Mikrofone, wird der Sound beeinflusst. 

Während bei Software-Aufnahmen an unterschiedlichen Reglern geklickt werden kann, um Veränderungen zu erwirken, musst du beim Mikrofonieren von Verstärkern dein Equipment wirklich kennen. Vor allem die Eigenschaften deines Amps und deiner Gitarre musst du stets im Hinterkopf haben, um den Sound perfekt zu beherrschen.

Die Rolle des Raumes

Röhrenverstärker im Studio abnehmen
Röhrenverstärker im Studio abnehmen

Anders als es bei digitalen Aufnahmen ist, hat der Raum, in dem Mikrofone und Lautsprecher stehen, einen enormen Einfluss auf den Sound. 

So klingt ein gefliester Kellerraum mit 50 m² ganz anders als der gemütliche Proberaum mit Molton-Bahnen an den Wänden und Ommas schickem alten Perser unter den Drums. 

Gute Toningenieure arbeiten mit dem Raum und variieren die Einstellungen im Equipment je nach Raumakustik — eine Eigenschaft, die man sich abschauen sollte. Durch den geschickten Einsatz der Raumakustik (und dem Verändern eben dieser) lassen sich aus ein und demselben Setup ein ganze Reihe von Sounds locken.

Mikrofon: Positionierung und Winkel

Die Position und der Winkel der verwendeten Mikrofone sind entscheidende Faktoren beim Abnehmen von Verstärkern. Die Auswirkung dieser Änderungen wird zwar häufig unterschätzt, kann aber zum Glück durch einfaches Experimentieren schnell beobachtet werden. 

Durch Veränderungen in der Position des Mikrofons relativ zum Lautsprecher können warme, basslastige Sounds in scharfe und präzise Höhen verwandelt werden — und andersherum.

Für den Anfang ist eine gängige Technik die Platzierung des Mikrofons direkt vor dem Lautsprecherzentrum. So wird ein sehr direkter und präsenter Sound einfangen, der besonders im Mix sehr gut durchkommt. Außerdem ist die perfekte Ausgangsposition für weitere Versuche mit der Position beim Mikrofonieren von Verstärkern. 

Bewegt man das Mikrofon von der Mitte des Speakers weiter zum Rand des Lautsprechers, wird der Klang schnell wärmer und gewissermaßen weicher. Der Hintergrund dieses Effekts ist, dass hier höhere Frequenzen abgeschwächt werden und die tieferen Bereiche des Signals mehr zur Geltung kommen.

Mikrofonieren von Verstärkern — der Winkel

Wie schon bei der Positionierung beschrieben, fängt ein direkt auf den Lautsprecher ausgerichtetes Mikrofon den Sound sehr direkt ein. Ebenso wie die Position kann auch ein leicht abgewinkeltes Mikro den Sound verändern. 

Ein etwas größerer Winkel kann dazu führen, dass der Klang mehr „Raum“ erhält und etwas natürlicher wirkt — gern als „Amp in a Room“ bezeichnet. Diese Methode kann immer dann nützlich sein, wenn in bereits dicht gemischten Arrangements Platz für den Gitarrensound fehlt.

Natürlich ist all das keine exakte Wissenschaft (naja, zum Teil vielleicht schon). Experimentieren ist der Schlüssel zur optimalen Mikrofonierung eines Verstärkers für den gesuchten Sound. Dabei sind selbst geringfügige Änderungen in der Position und im Winkel des Mikrofons mitunter genug, um den Charakter eines Sounds zu beeinflussen. 

Ich kann nur dafür werben, mit verschiedenen Positionierungen zu experimentieren und so den idealen Sound für dich und dein Instrument zu finden. 

Und der beste Tipp, den ich je zu diesem Thema bekommen habe: Alles aufschreiben. Ich selbst habe ein kleines Notizheft (wollte ich immer schonmal digitalisieren …), in dem Amp- und Gitarrenkombinationen festgehalten sind wie auch die unterschiedliche Abnahme für besagte Verstärker. 

Notwendiges Equipment fürs Abnehmen von Verstärkern

Nachdem wir nun über die Gründe und die Herangehensweise beim Mikrofonieren von Verstärkern gesprochen haben, kommen wir nun zum notwendigen Equipment

In den einzelnen Kategorien gebe ich hier jedoch nur einen kurzen Überblick — mehr Infos und Ideen findest du in den weiter unten verlinkten Artikeln!

Die richtigen Mikrofone

Amp Mikrofonieren: Zwei Mikrofone kombinieren
Amp mikrofonieren: zwei Mikrofone kombinieren

Die Auswahl des richtigen Mikrofons ist zunächst einmal entscheidend für die Qualität der Amp-Mikrofonierung. Allerdings ist ab einem bestimmten Punkt nicht nur die Aufnahmequalität entscheidend, sondern vor allem der Klang des jeweiligen Mics.

Unterschieden wird im Bereich der Mikrofonierung von Verstärkern vor allem zwischen dynamischen MikrofonenKondensatormikrofonen und Bändchenmikrofonen

Dynamische Mikrofone sind sehr robust und bewältigen hohe Schalldruckpegel, ohne an ihre Grenzen zu gelangen. Ideal also, um auch laute Amps in der Endstufensättigung abzunehmen. Klassiker: Shure SM57.

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Kondensatormikrofone sind insgesamt empfindlicher und decken ein breiteres Frequenzspektrum ab. Daher sind sie perfekt das Erfassen feiner Klangfarben und -charakteristiken. Der Studio-Liebling: Audio-Technica AE 3000

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Bändchenmikrofone schließlich zeichnen sich durch eine warme und natürliche Klangwiedergabe aus. In Verbindung mit einem alten Deluxe Reverb nahezu ideal für die Aufnahme von Vintage-Sounds. Ebenfalls häufig im Studio zu Gast: Royer Labs R-10

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Übrigens: Mix ’n Match ist auch bei Mikrofonen nicht verkehrt. Besonders beliebt ist die Kombination aus einem dynamischen Mikrofon mit einem Bändchenmikrofon, etwa SM57 und Royer R-10 (oder, wenn es hochpreisiger sein darf, das Royer R121

Mikrofonständer zum Abnehmen von Verstärkern

Wir haben bereits über Abstand und Winkel der Mikrofone zum Amp gesprochen. Um diese Werte genau einzuhalten (und sie verlässlich zu reproduzieren), benötigst du hochwertige Stative mit ausreichend Einstellungsmöglichkeiten. Sie ermöglichen es, das Mikrofon beim Abnehmen des Verstärkers genau dort zu platzieren, wo es den besten Klang einfängt. 

Neben dem festen Stand der Stative sind Schwenkarme und Klemmhalterungen gut: Sie bieten dir zusätzliche Flexibilität, um das Mikrofon in verschiedenen Winkeln und Entfernungen zum Verstärker zu positionieren.

Eine große Auswahl an Stativen und Mikrofonständern findest du bei Thomann.

Interfaces für das Mikrofonieren von Verstärkern

Kommen wir zur digitalen Seite der ganzen Materie — ganz ohne geht’s schließlich nur in Ausnahmefällen. Auch wenn es die Foo Fighters mit „Wasting Light“ vorgemacht haben, rein analoges Aufnehmen und Mixen ist für den Hausgebrauch nicht zu empfehlen. 

Beim Abnehmen von Verstärkern mittels Mikrofonen spielt das Audiointerface daher eine zentrale Rolle. Dabei spielen vor allem drei Merkmale eine entscheidende Rolle: EingangsimpedanzVorverstärkerqualität und Latenz

Die Impedanz beeinflusst, wie das Signal vom Mikrofon vom Interface erfasst wird; eine passende Impedanz sorgt für einen klaren und unverfälschten Klang. Als einfache Daumenregel gilt, dass die Eingangsimpedanz immer einem Fünffachen der Ausgangsimpedanz des Mikrofons entsprechen sollte. Hat das Mic also eine Ausgangsimpedanz von 200 Ohm, muss die Eingangsimpedanz des Vorverstärkers (oder eben Interfaces) mindestens 1 kOhm betragen.

Im Inneren des Interface werkelt dann ein Vorverstärker, der das Mikrofonsignal (am besten ohne hörbaren Qualitätsverlust) auf Arbeitspegel verstärkt. 

Eine geringe Latenz schließlich ist entscheidend für Aufnahmen und Monitoring in Echtzeit, besonders bei der Nutzung von Effekten oder beim Overdubbing.

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„Praktische Tipps und Tricks“:

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So weit die Basics. Wie immer ist es damit nicht getan — jetzt kommt dein Beitrag und die praktische Umsetzung.

Ein paar Tipps für das Mikrofonieren deines Verstärkers: 

  • Experimentiere mit Mikrofonpositionen: Schon minimale Anpassungen im Abstand oder Winkel können den Charakter des Sounds dramatisch verändern. 
  • Kombiniere verschiedene Mikrofontypen: Die Nutzung der spezifischen Stärken von dynamischen, Kondensator- und Bändchenmikrofonen in Kombination kann ein paar coole Sounds hervorbringen. 
  • Bekämpfe Feedback und Störgeräusche: In Live-Situationen hilft die sorgfältige Ausrichtung der Mikrofone weg von den Monitor-Boxen, um Feedback zu vermeiden. Im Studio kann die Raumakustik durch Diffusoren und Absorber helfen, unerwünschte Reflexionen zu minimieren. Noisegates und Noise-Reduction-Plugins helfen dir, das unbeliebte Hintergrundrauschen in den Griff zu bekommen.

Verstärker mikrofonieren — Fazit

Auch wenn es heute etwas altertümlich anmutet, das Abnehmen eines klassischen Verstärkers bietet viele Möglichkeiten und Vorteile gegenüber digitalen Recording-Optionen.

Dabei ist die richtige Anwendung der Technik und ein grundlegendes Verständnis von Signalwegen ebenso wichtig wie die Neugierde. Experimentieren mit unterschiedlichen Mikrofontypen, Abständen und Winkeln und entdecke, wie variantenreich dein Setup wirklich ist!

Videos zum Thema Verstärker Mikrofonieren

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Bildquellen:
  • Röhrenverstärker - Musikmachen per Handanlegen: Shutterstock/Dario Toledo
  • Röhrenverstärker im Studio abnehmen: Ron Sumners / Alamy Stock Foto
  • Amp Mikrofonieren: Zwei Mikrofone kombinieren: JDM / Alamy Stock Foto
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