von Dirk | Geschätzte Lesezeit: 10 Minuten | Unsere Wertung: 4,5 / 5,0
Angecheckt: Novation Circuit Tracks

Angecheckt: Novation Circuit Tracks  ·  Quelle: Gearnews

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Als vor ein paar Wochen durchsickerte, dass Novation eine Fortsetzung (oder besser gesagt gleich zwei Neuauflagen) des beliebten Circuit in der Pipeline hat, gab es sowohl positive als auch negative Reaktionen. Viele freuten sich, ein Update der mittlerweile vergriffenen Groovebox zu sehen, andere sehen in dem Circuit Tracks eine vertane Chance. Dabei war noch nicht viel bekannt, die meisten Kommentare stützten sich lediglich auf die Bilder des Leaks. Ich hatte vorab die Gelegenheit, das neue Gerät anzutesten und möchte euch zur jetzigen offiziellen Veröffentlichung von meinen Eindrücken berichten. Novation Circuit Tracks angecheckt.

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Circuit

Zum Einstieg möchte ich erzählen, wie ich zu dem Vorgänger gekommen bin. Ich hatte den Circuit nämlich zuerst gar nicht auf dem Schirm. Die Features klangen nett, aber als Besitzer von MPC, Electribe, diversen Synthesizern, Samplern und einem gut mit Software bestückten Rechner sah ich keinen Grund für die Anschaffung.

Als ich aber anfing, den Computer noch ein bisschen mehr beim Musikmachen „auszugliedern“, brauchte ich einen kompakten Sequencer als Ergänzung des Setups. Schnell stieß ich auf den Circuit, der mir die gesuchten Features anbot: Ein Standalone-Gerät mit einfacher Bedienung, polyphonem Sequencer sowie zwei Synthesizer-Spuren, die ich für die Ausgabe von MIDI „missbrauchen“ kann. Es klingt vielleicht krass. Aber der interne Synthesizer und die vier Drum-Spuren waren für mich anfangs nur ein „Bonus“. Neuwertig war die kleine Groovebox nicht mehr zu bekommen, der Gebrauchtpreis ging für die von mir erwartete Leistung in Ordnung.

Für mich war also schon ein einzelner Aspekt des Circuit bereits der Grund für eine Anschaffung. Mittlerweile sehe ich in dem Gerät mit allen seinen Features so eine Art modernen Klassiker. Das liegt auch darin begründet, dass Novation mit regelmäßigen Updates die Funktionen immer weiter aufgebohrt hat und die kleine Kiste dadurch zunehmend interessanter wurde.

Einmal neu, einmal alt: Circuit Tracks und Circuit

Einmal neu, einmal alt: Circuit Tracks und Circuit

Das Konzept von Circuit und Circuit Tracks

Ihr seht, ich bin voreingenommen. Ich finde den Circuit richtig klasse. Wie werde ich da erst über den Circuit Tracks denken? Wenn ihr ungeduldig seid, scrollt ihr jetzt einfach zum Fazit (Spoiler: Es wird positiv ausfallen). Wenn ihr euch für die Details und speziell die Unterschiede zum Vorgänger interessiert, dann solltet ihr weiterlesen.

Genau wie der Vorgänger ist Circuit Tracks eine Groovebox, die zwei Synthesizer-Spuren und vier Spuren für One-Shot-Samples (speziell Drums) anbietet. Dazu gesellen sich zwei Effekte (Reverb und Delay) und natürlich der Sequencer mit den leuchtenden Pads. Damit gebt ihr Noten schrittweise ein oder spielt diese live. Einzelne Sequenzen lassen sich miteinander verketten. Der interne (Software-) Mixer regelt die Lautstärken der individuellen Spuren. Für die Synthesizer-Spuren ist eine Sidechain-Funktion möglich. Außerdem gibt es ein globales Filter, das nach links einen Tiefpass und nach rechts einen Hochpass erzeugt. Die Makro-Regler kümmern sich je nach Modi um die Eingabe von Parametern oder verändern beim Spielen den Sound. Das Gerät ist kompakt, passt in jedes Backpack und ist nicht auf eine Steckdose für den Betrieb angewiesen.

Dies sind im Großen und Ganzen die Gemeinsamkeiten zwischen neuem und altem Modell.

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Novation Circuit Tracks

Novation Circuit Tracks

Neue Optik und viele neue Anschlüsse

Nun zu den Unterschieden: Zuerst fällt natürlich die neue Optik auf. Die Buttons sind nun alle eckig, auch das Grid der Pads sieht gestraffter aus. Von der Seite betrachtet wirkt das Hardware-Update stromlinienförmiger und moderner. Die Rückseite überrascht mit einigen Neuheiten – dazu gleich mehr. Die Verarbeitung macht auf mich einen etwas solideren Eindruck als beim Vorgänger.

Circuit Tracks besitzt neben den zwei Synthesizer-Spuren zusätzlich zwei MIDI-Spuren. Auch bei dem „alten“ Gerät lässt sich natürlich MIDI ausgeben. Dafür müssen allerdings die Synthesizer-Tracks geopfert und leiser gedreht werden – ansonsten spielen diese und der externe Klangerzeuger die gleichen Noten. Circuit Tracks trennt ausgehende MIDI-Signale und die internen Synthesizer. Mit den beiden Synthesizer-Spuren zusammen könnt ihr nun also insgesamt vier MIDI-Sequenzen ausgeben. Ein weiterer Unterschied betrifft die Ein- und Ausgänge für MIDI. Während der Vorgänger auf TRS MIDI setzt, bekommt ihr hier die guten alten DIN-Buchsen. Und nicht nur das, Novation spendiert einen MIDI Thru. Den vermisse ich wirklich bei dem alten „Bruder“.

Novation Circuit Tracks von der Seite betrachtet

Novation Circuit Tracks von der Seite betrachtet

Ein weiteres, sehr feines neues Feature betrifft die zwei Mono-Eingänge für externe Audiosignale. Ja, richtig gehört: Ihr könnt hier gleich zwei unterschiedliche Signale hineinschicken und diese dann im Mix inklusive Effekten integrieren. Sampling ist darüber aber derzeit nicht möglich.

Ein weiterer Pluspunkt ist der analoge Sync-Ausgang (in der typischen Buchse für Miniklinke ausgeführt). Den habe ich mit meinem Korg volca fm ausprobiert und direkt für sehr praktisch befunden.

Die Rückseite des Novation Circuit Tracks

Die Rückseite des Novation Circuit Tracks

Interner Akku und Micro-SD-Karte

Die Mobilität des Circuit basiert auf alternativen Batteriebetrieb und eingebautem Lautsprecher. Circuit Tracks macht es anders und besitzt einen internen Akku (reicht für circa vier Stunden Betrieb), streicht allerdings den internen Speaker. Ihr müsst unterwegs also mit dem Kopfhörer vorlieb nehmen. Guter Kompromiss, wie ich finde.

Presets und Samples speichert Circuit Tracks nun auf einer Micro-SD-Karte. Eine regelmäßige USB-Verbindung zum Rechner und das Herumhantieren mit der kostenlosen Components App ist nicht zwingend notwendig – auch wenn diese weiterhin für bestimmte Aufgaben (wie Sample-Import) unentbehrlich ist.

Update für den Sequencer und Master-Kompressor

Der Sequencer kommt mit neuen Funktionen: Step Probability und Pattern Mutate machen richtig Spaß – dazu gleich mehr.

Und dann gibt es noch einen neuen Master-Effekt und zwar einen Kompressor.

Wer den Circuit kennt und mag, müsste in Anbetracht der Neuerungen eigentlich schon nervös über eine Anschaffung nachdenken oder vielleicht auch eine gewisse Enttäuschung empfinden. Denn warum konnte der Erstling nicht schon über all diese schönen Funktionen verfügen? Wer sich mehr Ausgänge, mehr Pads, weitere Synthesizer-Spuren oder gar ein Display wünscht, wird ebenfalls enttäuscht sein und muss woanders nach diesen Features suchen.

Novation Circuit Tracks

Novation Circuit Tracks

Bedienung

Das Handling ist wie gehabt. Ein Display existiert nicht, sämtliche Parameter und Features stellt Circuit Tracks weiterhin über die beleuchteten Pads dar. Das ist anfangs vielleicht etwas ungewöhnlich, aber durch die recht flach gehaltene Menüführung nicht problematisch. Und außerdem sieht es irgendwie abgefahren aus. Ein Vorteil: Ihr könnt auf die Brille verzichten, falls ihr darauf angewiesen seid. Denn da wo Displays sind, muss auch meistens auf kleine Schrift geschielt werden.

Fast alle Funktionen erreicht ihr über die Menü-Tasten, die die Pads quasi umrahmen. Hier kommt natürlich auch zugute, dass die Features überschaubar sind. Mit anderen Worten: Die Bedienung geht nach kurzer Einarbeitung schnell und intuitiv von der Hand. Das ist einer der Gründe, warum der Vorgänger bereits viele treue Fans hat.

Um die kostenlose Components App kommt ihr nicht herum, wenn ihr eigene Patches für die zwei internen Synthesizer-Spuren erstellen, Samples und Packs im/exportieren oder die Firmware aktualisieren wollt. Alternativ gibt es auch nach wie vor die Online-Version, die „früher“ zumindest mit einem Account bei Facebook verknüpft war und auf wenig Gegenliebe stieß.

Sequencer-Tricks

Circuit Tracks profitiert natürlich von den Updates, die der Vorgänger in regelmäßigen Abständen erhalten hat. Es gab also nicht nur genügend Feedback der User, sondern auch die Zeit, selbst Potential für Verbesserungen zu sehen und diese dann vorzunehmen. Die in den Möglichkeiten vormals eingeschränkten Patterns lassen sich zum Beispiel schon auf dem alten Gerät verketten und zu Projects verarbeiten (heißt jetzt Scenes).

Sample Flip bedeutet, dass innerhalb einer Drum-Spur an jeder Position ein anderes Sample spielen kann. So lässt sich auf den eigentlich „nur“ vier vorhanden Drum-/Sample-Spuren schon einiges anstellen.

Mit Step Propability und Pattern Mutate kommen gleich zwei neue Funktionen hinzu, die richtig viel Abwechslung und Spaß bringen. Da hat sich Novation an den richtigen Stellen Ideen abgeholt. Beim Herumspielen mit dem Circuit Tracks hatte ich damit auf jeden Fall viel Freude, vielleicht bringt der Hersteller das noch mit einem Update für das alte Modell? Das wäre jedenfalls ein Hammer! Und das muss ich noch ergänzen: Ein Pattern kann jetzt auch bis zu 32 Steps lang sein. Sehr gut!

Dass die einzelnen Sequencer-Spuren unterschiedliche Längen haben dürfen ist ja nicht neu, aber nach wie vor nicht zu verachten.

Die Anzahl der Patterns innerhalb eines Projekts ist nach wie vor etwas eingeschränkt, Circuit Tracks richtet sich weiterhin an Leute, die bevorzugt Loop-basierte Musik machen.

Korg Volca FM über analogen Sync Out mit Circuit Tracks synchronisiert

Korg Volca FM über analogen Sync Out mit Circuit Tracks synchronisiert

Sound

Für die Beurteilung des Sounds möchte ich zwischen Synthesizer, Drum-Spuren und Effekten unterscheiden. Zunächst der Synthesizer: Der ist virtuell analog und klingt völlig in Ordnung. Brot-und-Butter-Sounds trifft es ganz gut. Egal ob Bass, Lead oder auch mal Effekt – die kleine Kiste ist dafür ausgerüstet. Die Engine ist recht flexibel, Components dafür allerdings unverzichtbar.

Die vorinstallierten Samples klingen druckvoll und sauber, mit der Components-Software könnt ihr jederzeit eigene Samples „uploaden“ oder Packs von Drittherstellern importieren. Mit den Makro-Reglern lassen sich ein paar grobe Details wie Tuning oder die einfache Hüllkurve anpassen. Eine Art Overdrive „überzuckert“ die Sounds bei Bedarf.

Die Effekte sind aus meiner Sicht das schwächste Glied in der Kette. Da wünsche ich mir ein bisschen mehr Auswahl als nur Delay und Reverb. Und auch klanglich sehe ich da Luft nach oben. In dieser Hinsicht bin ich aber auch wählerisch. Speziell das Reverb würde ich hier eher zaghaft benutzen, um den einzelnen Sounds vielleicht nur ein bisschen mehr Raum zu geben. Und für diese Aufgabe sind die FX dann letztendlich auch ausreichend. Der Master-Kompressor (neu im Circuit Tracks) verdichtet das Summensignal noch ein bisschen – finde ich gut. Das Master-Filter klingt sehr clean und erinnert mich an die typischen Filter in DJ-Controllern.

Novation Circuit Tracks

Novation Circuit Tracks

Fazit

Novation bleibt sich beim Circuit Tracks treu und das ist auch gut so! Einige hätten sich bestimmt mehr Features gewünscht, auf meiner persönlichen Liste würden zum Beispiel immer individuelle Ausgänge ganz oben stehen. Aber mal ehrlich: Je mehr neue Merkmale und Funktionen dazu kommen, desto weiter entfernt sich ein Gerät vom ursprünglichen Konzept. Anders gesagt: Wer mehr will, müsste eher bei den Mitbewerbern Akai, Elektron oder Roland suchen.

Circuit Tracks lebt von den Beschränkungen. Kreative Geister können damit genau wie beim Vorgänger schon fast ganze Tracks erstellen, im Verbund mit anderen Gerätschaften glänzt die kleine Kiste. Gerade durch die Verbesserung der MIDI-Buchsen, den zwei Audioeingängen und dem Sync-Out lässt sich das Gerät besser als je zuvor in Hardware-Setups einbinden. Der interne Akku und die Unterstützung von Micro-SD-Karten machen die Groovebox noch bedienungsfreundlicher und mobiler. Die neuen Features des Sequencers bringen noch mehr Spaß.

Als Besitzer des Vorgängermodells hätte ich am liebsten das alte Gerät zurückgeschickt und stattdessen das Testgerät behalten. Circuit Tracks gefällt mir nämlich sehr gut.

Verfügbarkeit und Preis

Novation Circuit Tracks ist ab sofort erhältlich. Der Preis liegt bei 399 Euro. Auch bei unserem Partner Thomann findet ihr das Gerät. Hier bei Thomann*

Weitere Infos

Videos

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Mehr Informationen

Demo Video des „Plants“ Novation Circuit Tracks Sound Pack für Ambient und Techno

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Bildquellen:
  • Einmal neu, einmal alt: Circuit Tracks und Circuit: Gearnews
  • Novation Circuit Tracks: Gearnews
  • Novation Circuit Tracks von der Seite betrachtet: Novation
  • Die Rückseite des Novation Circuit Tracks: Novation
  • Novation Circuit Tracks: Gearnews
  • Korg Volca FM über analogen Sync Out mit Circuit Tracks synchronisiert: Gearnews
  • Novation Circuit Tracks: Novation
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5 Antworten zu “Angecheckt Novation Circuit Tracks: Neue Features für die Groovebox”

    Larifari sagt:
    0

    Als ich aber anfing, den Computer noch ein bisschen mehr beim Musikmachen „auszugliedern“, brauchte ich einen kompakten Sequencer als Ergänzung des Setups. Schnell stieß ich auf den Circuit, der mir die gesuchten Features anbot…“

    Haha…ich hab gedacht ich wäre damit alleine…

    CoogLFish sagt:
    0

    Mir geht’s auch wie dem Autor – die internen Synth-Tracks nutze ich als MIDI-Spuren für meine Hardware. Mit der Synth-Engine des Circuit bin ich nie warm geworden. Und endlich MIDI-Thru! Alleine das rechtfertigt schon das Upgrade.
    Ist es denn möglich wie beim alten Circuit die Synth-Tracks als MIDI-Spuren zu „missbrauchen“? Vier MIDI-Tracks, das wäre der Traum …

      Dirk B. sagt:
      0

      Ja, das kannst du genau so machen! Synth 1 und 2 sind standardmäßig auf MIDI-Channel 1 und 2 gestellt, die MIDI-Spuren belegen 3 und 4. Gut dass du fragst, hätte ich auch erwähnen können. Ich habe auch vergessen darauf hinzuweisen, dass ein Pattern nun bis zu 32 Steps erlaubt. Hab beides mal im Text ergänzt.

    schlawiner sagt:
    0

    also…ich spiele die alten circuits plus die monostation seit anbeginn. und auch ich hatte mit zuweilen mehr features gewünscht oder eingriffsmöglichkeiten. oder separate ausgänge, oder weiß der geier was nicht noch alles. diese sonderwünsche interessieren mich heute nicht mehr. längere patterns, mehr patterns, mehr presets, längere samples…alles unwichtig geworden. das ding will und muss als instrument angesehen werden. als ein instrument, das man üben muss. jahrelang. und irgendwann kam der tag, an dem ich statt 5-7 minuten auf einmal 2-3h improvisieren konnte. übung macht den meister. und hier wollen verdammt viele skills gelernt werden. wenn die mal sitzen, dann ist das teil der oberhammer. dann spielt man tracks und sets aus dem nichts. und es wird immer besser. man kann das teil spielen wie ein klavier. mit eigenen patches und macro-typen kann das teil dermaßen fett werden, dass es einem die haare wegbläßt und der boden bebt. ich hab grad mal 8-12 kickdrums drauf. das sind aber – wenn man etwas fit mit den parametern ist – gleich mal hunderte kicks. pitch runter, drive hoch, decay runter. da sind sooo viele kicks drin. aber all das offenbart sich einfach erst nach langer zeit. es ist wie immer: üben, üben, üben! halt ein instrument.

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