von Jan Rotring | Geschätzte Lesezeit: 10 Minuten
Schmerzen beim Gitarre spielen können vermieden werden

Schmerzen beim Gitarre spielen können vermieden werden  ·  Quelle: Shutterstock / DC Studio

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Beinahe alle Gitarristen kennen das: Gerade bei langen Sessions kommt es immer wieder zu Verspannungen. Teilweise kann das Gitarrespielen echte Schmerzen verursachen. Wir betrachten heute mögliche Symptome einer falschen Haltung und verraten, wie ihr euch in Zukunft vor allerlei Zipperlein bewahren könnt.

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Der Anfang allen Übels – die Bedeutung einer falschen Haltung

„Sitz grade“ – diesen Spruch dürften wir alle früher oder später im Elternhaus gehört haben. Doch was beinahe automatisch einen postpubertären Gegenangriff auslöst, hat einen ernstzunehmenden Hintergrund. Wenn auch in Frage gestellt werden darf, inwieweit das Muttern damals so im Detail klar war.

Eine falsche Haltung kann jedoch tatsächlich langfristig negative Auswirkungen auf den Körper haben. Wer über längere Zeiträume hinweg eine ungünstige Körperhaltung einnimmt, kann sich gesundheitliche Probleme anlachen. Gerade wir Gitarristen sind davon häufig betroffen.

Die häufigsten Probleme durch falsche Haltung

Muskelverspannungen und -schwäche: Eine schlechte Haltung kann zu Muskelverspannungen führen, insbesondere im Nacken, Rücken und Schulterbereich. Gleichzeitig können bestimmte Muskeln geschwächt werden, während andere überbeansprucht werden.

Rückenschmerzen: Eine falsche Haltung kann zu Rückenschmerzen führen, insbesondere im unteren Rückenbereich. Durch die unnatürliche Belastung der Wirbelsäule können sich Bandscheiben und Nervenwurzeln verlagern und Schmerzen verursachen.

Fehlstellungen: Eine schlechte Haltung kann nach langer Zeit zu Fehlstellungen der Wirbelsäule führen, wie beispielsweise eine Kyphose (Rundrücken) oder Lordose (Hohlkreuz). Diese können das Gleichgewicht des Körpers beeinträchtigen und zu weiteren Problemen führen.

Atemprobleme: Eine nach vorne gebeugte Haltung kann die Atmung beeinträchtigen, da die Lungenkapazität eingeschränkt ist. Dies kann zu flacherem Atmen und einer unzureichenden Sauerstoffversorgung des Körpers führen.

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Einschränkung der Beweglichkeit: Eine falsche Haltung kann zu einer eingeschränkten Beweglichkeit führen. Muskeln und Gelenke können steif werden, was die allgemeine Mobilität beeinträchtigt.

Doch nicht nur Verspannungen und Steifheit sind häufig auftretende Probleme, mit denen wir Gitarristen zu tun haben. Wir stellen die gängigsten Probleme vor und verraten auch, welche Tricks und Tipps euch gegen Schmerzen beim Gitarrespielen helfen können.

Symptome im Rücken- und Nackenbereich

Schmerzen beim Gitarre Spielen - Gegen Verspannungen und Co.

Schmerzen beim Gitarrespielen – gegen Verspannungen und Co.

Rücken und Nacken werden beim Gitarrespielen besonders beansprucht. Neben der oben beschrieben Haltungsproblematik können auch falsch eingestellte Gitarrengurte oder das reine Gewicht des Instruments zu Problemen führen.

Häufig ausgeprägte Symptome sind dabei Steifheit im Nackenbereich, oft ausgelöst durch den langen Blick nach unten in Richtung Griffbrett. Auch Verkrampfungen im Bereich der Brustwirbelsäule sind sehr häufig und werden durch schwere Instrumente begünstigt.

Im schlimmsten Fall führen die Kombination aus falscher Haltung, schwerem Instrument und langer Spieldauer zu Problemen mit der Wirbelsäule und den Bandscheiben. Neuronale Ausfälle wie Kribbeln und der Hand können erste Warnzeichen sein.

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Symptome in den Schultern und Handgelenken

Die Handgelenke und Schulter sind durch die teilweise unnatürlichen Bewegungsabläufe stark belastet. Während die Greifhand meist eher Probleme im Handgelenk macht, hat besonders die Schulter der Schlaghand häufig mit Verkrampfungen zu tun.

Nackte Haut auf der Gitarre für mehr Halt

Nackte Haut auf der Gitarre für mehr Halt

Blitz-Tipp: Verkrampfungen in der Schulter der Schlaghand lassen sich meist durch das dauerhafte Anheben des Armes erklären. Um den Körper zu unterstützen, hilft es jedoch meist, ein T-Shirt zu tragen. Die Reibung von nackter Haut auf dem Gitarrenkorpus ist in der Regel ausreichend, um den Arm zu stabilisieren und die Verkrampfungen zu verhindern. Kostet nichts, hilft aber fast immer.

Die Schmerzen, die beim Gitarrespielen im Handgelenk der Greifhand auftreten, kommen in der Regel am häufigsten beim Spielen der tiefen Lagen vor. Hier ist die Hand maximal gestreckt und das Handgelenk muss ausgleichen. Eine kürzere Mensur, ein anderes Halsprofil oder Grifftechnik können hier helfen.

Schmerzen in den Fingerkuppen

Die Fingerspitzen werden auf die Probe gestellt

Die Fingerspitzen werden auf die Probe gestellt

Unsere Hände und Handgelenke arbeiten beim Gitarre spielen in Höchstform – auch wenn uns das manchmal nicht so vorkommt. Besonders zu Beginn der Gitarristenkarriere machen dabei die Fingerkuppen Stress.

Der Kontakt der Fingerspitzen zu den Saiten fordert die Belastbarkeit der empfindlichen Tastorgane heraus. Der Dauerhafte Druck kann zu Blasenbildung und sogar Blutergüssen führen. Erfahrene Gitarristen wissen jedoch, dass diese Schmerzen nicht von Dauer sind. Einzig die dauerhafte Übung und das Ausbilden von Hornhaut kann diese Art der Schmerzen beim Gitarrespielen verhindern. Bis es soweit ist, empfiehlt es sich, die Übungsdauer etwas herabzusenken. Gib deinen Fingern Zeit und überlaste sie nicht, egal wie hoch die Motivation scheint. Denn: Wenn es erstmal so richtig weh tut, ist’s mit dem Üben schnell vorbei. Lieber viermal am Tag für 5 Minuten üben, als eine halbe Stunde am Stück – das gilt nicht nur für das Solo, das du seit Monaten zu erlernen versuchst.

Die richtige Haltung gegen Schmerzen beim Gitarrespielen

Es ist wichtig, auf eine korrekte Körperhaltung zu achten und ergonomische Prinzipien am Arbeitsplatz und im Alltag zu beachten. Denn die meisten Schmerzen entstammen Verspannungen und Überbelastungen von Gelenken und Sehnen, die durch eine schlechte Haltung verstärkt werden.

Doch was macht die „richtige“ Haltung aus? Keine Sorge, jetzt kommt kein Bild aus dem Lehrbuch. Besonders vorteilhaft sind diese „verordneten Posen“ nämlich nicht. Jede Position, die lange Zeit eingenommen und nicht verändert wird, schadet dem Bewegungsapparat früher oder später. Natürlich gibt es Unterschiede zwischen besseren und schlechteren Positionen. Am Ende des Tages (und der Bandprobe) ist jedoch Bewegung die einzige Lösung!

Bewegen statt verharren

Wir Menschen sind nicht dafür gebaut, still zu bleiben. Unsere Gelenke versteifen, wenn wir sie nicht regelmäßig bewegen. Das Blut in unseren Beinen zirkuliert nur dann optimal, wenn die Wadenmuskulatur es nach oben pumpt. Für uns Gitarristen folgt daraus: Ständige Positionswechsel und Bewegung helfen gegen Schmerzen beim Gitarrespielen.

Wer regelmäßig zwischen aufrecht sitzendem und stehendem Spiel wechselt, beugt den meisten Verspannungen und Schmerzen beim Gitarrespielen effektiv vor. Die Vorteile von regelmäßiger Bewegung wurden auch wissenschaftlich untersucht:

Besseres Equipment gegen Schmerzen?

Je nach dem, welches Problem du mit Schmerzen beim Gitarre spielen hast, kann auch ein Equipment-Wechsel helfen. Zunächst ist das Instrument selbst zu betrachten: Gitarren mit langer Mensur oder, bei Akustikgitarre, sehr ausladenden Korpusformen, können den Körper belasten. Und auch wenn der 12-jährige Nachwuchs gern auf der Dropped-Y-Baritone-Axt spielen will – bei 1,50 m Körpergröße gilt das zu überdenken. Und auch das Schleppen von Röhrenamps ist nicht unbedingt das Beste für den beanspruchten Rücken …

Gitarren-Ergonomie

Die passende Gitarre für den eigenen Körper - Schmerzen beim Gitarre spielen

Die passende Gitarre für den eigenen Körper

Ein kurzer Überblick zu den ausschlaggebenden Kriterien bei der Gitarre:

  1. Korpusform: Je ausladender der Korpus, desto umständlicher die Haltung. Kleine Gitarren sind in der Regel ergonomisch vorteilhafter.
  2. Griffbrett: Besonders breite Griffbretter, im Extremen etwa bei 7- und 8-Saitern, können die Handgelenke stark beanspruchen. Auch zu schmale Griffbretter können Probleme machen, allerdings eher an den Fingern.
  3. Hals: Baseballschläger oder Flitze-Hals? Im Grunde eine Frage des Komforts und der eigenen Vorliebe. Wer jedoch regelmäßig Schmerzen in den Handgelenken hat, sollte mit der Halsform experimentieren.
  4. Gewicht: Lange Sessions mit einer Les Paul Custom können weitaus belastender sein als mit einer Ibanez Saber. Das bedeutet nicht, dass die eine Gitarre schlechter ist als die andere. Allerdings solltest du besonders bei schweren Instrumenten auf eine gute Haltung und einen angepassten Gurt achten.
  5. Mensur: Besonders lange Mensuren bedeuten auch besonders lange Hälse und Abstände zwischen Bridge und Sattel. Je weiter die Arme zum Spielen gespreizt werden müssen, desto unvorteilhafter für die Haltung.

Auch das richtige Einstellen der E-Gitarre hilft dabei, Schmerzen beim Gitarrespielen zu verhindern. Wir haben die wichtigsten Schritte hier einmal zusammengefasst: E-Gitarre richtig einstellen – Setup für Eilige

Gurte für weniger Schmerzen beim Gitarrespielen

Ein breiter Gitarrengurt hilft gegen Schmerzen

Ein breiter Gitarrengurt hilft gegen Schmerzen

Wie schon gesagt, ist Bewegung das A und O bei der Schmerzvermeidung. Als Gitarristen sind wir dank eines guten Gurtes dabei frei und können uns die Vorteile der Bewegung beim Spielen holen. Ein guter Gurt sollte dabei zwei grundlegende Kriterien erfüllen: Er sollte stabil auf der Schulter sitzen und nicht verrutschen. Und er muss breit und gepolstert genug sein, um auch nach langer Zeit keine Druckstellen zu hinterlassen.

Vergleichbar ist das Ganze mit einem Trekking-Rucksack. Wer einmal mit dem Rucksack auf Reisen war, der kennt den Unterschied zwischen dünnen Riemchen, die nach kürzester Zeit den Blutfluss effektiv unterbinden und breiten, gut gepolsterten Gurten, die auch kilometerlange Ausflüge mitmachen.

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Stehhilfen und Hocker fürs Gitarrespielen

Wer im Laufe der Probe die eigene Position variieren möchte, ist auf dem besten Weg, Schmerzen beim Gitarrespielen zu verhindern. Eine gute Sitzgelegenheit sollte jedoch ebenfalls bedacht werden.

Regelmäßig gibt es spezielle Gitarrenhocker und Stühle, bei denen die Arme frei sind und die Füße eine optionale Fußstütze finden. So eine Sitzposition ist ideal, um die Gitarre auf dem Oberschenkel abzulegen und den Rücken zu entspannen. Allerdings solltest du auch die sogenannten „Stehhilfen“ nicht vernachlässigen. Sie unterstützen den Gitarristen dabei, eine aufrechte, stehende Haltung einzunehmen, ohne die Füße und Knie zu überlasten.

Natürlich reicht Equipment allein nicht, um Schmerzen beim Gitarrespielen zu verhindern – allem GAS zum Trotz. Wichtig ist, den Körper vorzubereiten.

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Nicht nur für Sportler: Die Bedeutung von Pausen, Training und Aufwärmübungen

Gitarrespielen ist eine körperliche Aktivität, die uns recht umfassend fordert: Die Finger müssen neben dem Druck der Saiten auch die notwendige Kraft aushalten (und aufbringen), um Töne zu erzeugen. Gleichzeitig sollen sie möglichst schnell und elegant über das Griffbrett huschen. Die Handgelenkewerden aufs Übelste gestreckt und verrenkt, die Schultern tragen das Instrument und der Rücken muss mit aller Kraft daran gehindert werden, in sich zusammen zu fallen.

Betrachtet man also diesen anscheinend „lockeren“ Bewegungsablauf Gitarrespielen, so kann man Parallelen zum Sport ziehen. Und daher kommt unsere Empfehlung: Aufwärmen ist nicht nur für Schlag- und Greifhand wichtig. Der Körper sollte vor langen Übungen aktiviert werden. Bewusste Dehnung und Aktivierung der Rumpfmuskulatur etwa verhindert schnelle Ermüdungen. Arme und Schultern können gekreist werden, um die Gelenke auf die anstehenden Belastungen vorzubereiten.

Alles Quatsch? Dann frag mal nach, welche Band keinen Physiotherapeuten beauftragt hat…hier findet ihr einen unterhaltsamen Artikel zum Fitness-Programm einiger Musiker: Fitness-Routinen der Rockstars

Training beugt vor

Aufwärmübungen und regelmäßiges Dehnen helfen dem Körper, Belastungen anzunehmen. Ein regelmäßiges Workout kann jedoch noch viel mehr: Wer aktiv am Muskelaufbau arbeitet, verhindert gesundheitliche Probleme durch Haltungsschäden, aktiviert seine Tiefenmuskulatur und verhindert am Ende des Tages auch effektiv Schmerzen beim Gitarrespielen. Besonders achtsam ausgeführte Kraftsportübungen und das Training mit dem eigenen Körpergewicht helfen dabei, die Muskulatur und den Sehnenapparat auf die bevorstehende Aufgabe vorzubereiten. Und wer weiß – vielleicht klappt es dann auch endlich mit diesem verdammten Solo?

Wer mehr zum Thema wissen will, kann sich z. B. hier einlesen. Zum Thema Kraftsport gegen Rückenschmerzen wurden ebenfalls viele Studien durchgeführt: Kraftsport gegen Rückenschmerzen

Keine Schmerzen beim Gitarrespielen – Schlussfolgerung

Schmerzen beim Gitarrespielen kommen immer wieder vor und lassen sich teilweise kaum vermeiden: Von der Fingerspitze bis in den Rücken lassen sich die Belastungen von falscher Haltung und Gewicht kaum vermeiden. Wer jedoch aktiv an der eigenen Haltung arbeitet, oft die Position variiert und durch Aufwärmübungen und Training den Körper vorbereitet, kann Schmerzen beim Gitarrespielen weitestgehend vermeiden.

Videos zum Thema

Natürlich gibt es unzählige Tutorials zum Thema. Besonders für die gute Haltung hilft ein Blick auf die folgenden Videos.

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Bildquellen:
  • Rückenschmerzen - Der Klassiker bei langen Proben: Shutterstock / krakenimages.com
  • Nackte Haut auf der Gitarre für mehr Halt: Shutterstock / Boris Bulychev
  • Die Fingerspitzen werden auf die Probe gestellt: Shutterstock / Wachiwit
  • Die passende Gitarre für den eigenen Körper: Shutterstock / Semisatch
  • Ein breiter Gitarrengurt hilft gegen Schmerzen: Shutterstock / OlPhotoV
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