Noise Gate für die Gitarre: Soundretter oder Klangfresser?
Der Amp ist aufgerissen, der High-Gain-Kanal röhrt – und zwischen den Riffs rauscht, brummt und pfeift es wie eine alte Espresso-Maschine. Willkommen in der Zerr-Realität. Spätestens, wenn das Publikum zwischen den Riffs mehr Nebengeräusche als Musik hört, kommt bei uns die Frage auf: Brauche ich ein Noise Gate für die Gitarre?
Noise Gate für die Gitarre – Inhalt
Dass sich diese Frage nicht direkt beantworten lässt, ist vor allem auf die zwei Lager innerhalb der Gitarristeszene zurückzuführen. Für die einen ist das Noise Gate für die Gitarre ein unverzichtbares Werkzeug, das selbst im lautesten Metal-Setup für Klarheit sorgt. Für die anderen ist es der angestammte Feind jedes natürlichen Tons, ein wahrer Klangfresser, der Dynamik und Sustain gnadenlos und ohne Kompromissbereitschaft abwürgt. Höchste Zeit also, die Diskussion neu zu führen: Was macht ein Noise Gate wirklich, wann ist es Segen und wann ist es Fluch? Starten wir also bei den Basics.
Was ist ein Noise Gate für die Gitarre?
Im Kern ist ein Noise Gate für die Gitarre nichts anderes als ein (mehr oder weniger) intelligenter Schalter. Es öffnet sich immer dann, wenn das eingehende Signal (von der Gitarre kommend) einen bestimmten Schwellenwert (engl. Threshold) überschreitet – und bleibt darunter geschlossen, idealerweise also dann, wenn nur Rauschen oder Brummen anliegt.
Die wichtigsten Parameter an einem Noise Gate für die Gitarre sind:
- Threshold: Ab wann öffnet das Gate?
- Attack: Wie schnell wird das Signal durchgelassen?
- Release/Decay: Wie lange dauert es, bis das Gate wieder schließt?
Damit grenzt sich ein klassisches Noise Gate für die Gitarre von anderen Tools wie Expandern ab, die ein wenig subtiler arbeiten und etwas nachgiebiger beim Filtern der einzelnen Signale vorgehen. Bei uns Gitarristen steht aber meist die brachiale Variante im Fokus: absolute Stille, wenn keine Note gespielt wird. Und das trotz immer wieder ausgefallener Übungssessions, die das Abdämpfen der Saiten zum Inhalt hatten. Wie das funktioniert haben die Kollegen von Boss einmal zusammengetragen: The Complete Guide to noise Gates.
Warum überhaupt ein Noise Gate für die Gitarre verwenden?
Die Frage ist berechtigt: Brauchen wir wirklich ein zusätzliches Pedal nur dafür, dass es „leise macht“? Schließlich lassen sich doch mit sauber abgedämpften Saiten auch recht viele der eingestreuten Störgeräusche vermeiden, oder? Nun ja, wer einmal mit einer Singlecoil-Strat neben einem Neonröhren-Licht gespielt hat, kennt die Antwort. Auch High-Gain-Sounds sind notorisch dafür bekannt, jedes Brummen und jede Störung gnadenlos zu verstärken und in unendliche Feedback-Loops zu katapultieren.
Ein Noise Gate für die Gitarre sorgt in solchen Situationen für Ruhe im Signalweg. Im Proberaum verhindert es störendes Feedback, auf der Bühne schützt es vor ungewolltem Krach in Songpausen und im Studio macht es Aufnahmen deutlich sauberer — nicht umsonst kommen viele DAWs mit einer Vielzahl an integrierten Noise Gates daher.
Ja, Übung und saubere Spielweise verhindern vieles. Vor allem in Genres wie Metal, Djent oder Hardcore ist ein Noise Gate für die Gitarre beinahe Pflicht, weil es präzise, abgehackte Riffs erst so richtig möglich macht.
Vorteile von Noise Gates
Stille ist Gold, wenn es um Präzision geht. Ein gut eingestelltes Noise Gate für die Gitarre kappt das Rauschen im Proberaum, sorgt auf der Bühne für professionelle Pausen und macht Studioaufnahmen klarer und druckvoller.
Ein weiterer Pluspunkt: Tightness. Wer schnelle Palm-Mute-Riffs oder komplexe Djent-Grooves spielt, hat häufig das Problem, dass sich Nebengeräusche zwischen den Anschlägen einschleichen. Mit einem Noise Gate wird das Spiel in gewisser Weise freigeschnitten und ein wenig „klinischer“ — das muss nicht jedem Blues-Puristen gefallen, kann sich der in komplexeren und zerrlastigen Genres sehr positiv bemerkbar machen. Gleichzeitig lassen sich mit einem gut eingestellten Noise Gate ungewollte Rückkopplungen deutlich besser im Griff behalten, gerade wenn mehrere Amps oder starke Verzerrung im Spiel sind.
Und nicht zuletzt macht ein Noise Gate das Setup alltagstauglicher. Ob beim Üben zu Hause, beim Gig im Club oder im Studio: Ein Knopfdruck, und die Nebengeräusche sind im Zaum. Für viele Musiker (und zu dieser Fraktion zähle auch ich mich) ist das schlichtweg ein Stück Komfort, auf das sie nicht mehr verzichten wollen.
Nachteile von Noise Gates

Doch wo Licht ist, ist auch Schatten – und Noise Gates haben leider reichlich davon. Das größte Problem: Dynamikverlust. Ein falsch eingestelltes Gate (zu eng) kann nicht nur das Rauschen, sondern auch das natürliche Ausklingen der Noten unterdrücken oder gar drastisch abschneiden. Aus einem singenden Sustain wird dann ein plötzlich abgewürgter Ton, der spontan ins Nichts fällt.
Auch das Spielgefühl leidet zunächst ein wenig, wenn das Gate zu hart eingestellt ist. Gerade bei Blues oder Jazz, wo es um Nuancen und feine Dynamiken im Spiel geht, wirkt ein Noise Gate oft wie ein Fremdkörper oder eine eigene Störquelle. Das Signal gerät im schlechtesten Fall zu steril, künstlich und verliert den organischen Charakter.
Schließlich kommt die Gefahr von Artefakten noch dazu: Rauschen, Knacken oder ein hörbares „Absägen“ der Note können auftreten. Besonders bei langen Releases oder von Hause aus Output-schwachen Pickups kann das Gate teilweise mehr Probleme schaffen, als es löst.
Und nicht zuletzt: Manche Gitarristen gewöhnen sich so sehr an die künstliche Stille, dass sie vergessen, wo das eigentliche Problem liegt – bei schlechten Kabeln, Stromquellen, schlecht eingestellten Pickups oder einer mehr als schlampigen Spielweise.
Praxis: Noise Gates richtig einsetzen
Halten wir also fest: Ein Noise Gate kann Wunder wirken. Doch das nur, wenn es richtig eingestellt wird und an der richtigen Stelle im Signalweg sitzt. Die klassische Position ist hinter dem Overdrive oder Distortion-Pedal, weil dort das meiste Rauschen entsteht.
Viele Gitarristen platzieren es zusätzlich im FX-Loop des Amps, um das Signal nach der Vorstufe zu kontrollieren. Wer es ganz genau nimmt, nutzt sogar zwei Gates: eins vor dem Amp, eins im Loop. Damit steht der Math-Gent-Metal-Verzerrorgie nichts mehr im Wege.
Wichtig sind die Einstellungen:
- Threshold sollte so gewählt sein, dass das Gate nur Nebengeräusche kappt, nicht aber leise gespielte oder ausklingende Noten.
- Attack eher kurz halten, damit Noten sofort durchkommen.
- Release/Decay nicht zu abrupt einstellen, damit Sustain nicht abgeschnitten wird.
Die Faustregel für den gelungenen Einsatz eines Noise Gates für die Gitarre lautet: Lieber zu dezent als zu aggressiv. Ein gutes Noise Gate soll unhörbar arbeiten – denn nur dann erfüllt es seinen Zweck und trägt zur Musik bei und zieht nicht davon ab.
Beliebte Noise Gate Pedale

Wer ein Noise Gate sucht, hat die Qual der Wahl. Zu den Klassikern zählt das Boss NS-2, das seit Jahrzehnten auf unzähligen Boards platzgenommen hat. Es ist Boss-typisch robust, zuverlässig und bietet durch seine Send/Return-Schleife viel Flexibilität in Sachen Positionierung.
Moderner und oft als Standard im High-Gain-Bereich gesehen ist das ISP Decimator. In der Version II oder als kompakter Deci-Mate arbeitet es besonders präzise und musikalisch – kein Wunder, dass es bei Metal-Gitarristen extrem beliebt ist.
Für Boutique-Fans gibt es den Fortin Zuul, der in modernen Metal-Produktionen fast schon Pflicht geworden ist. Wer es simpler mag, greift zum MXR Smart Gate, das vor allem für Rock und Hardrock gut funktioniert. Und natürlich haben viele Multi-Effekte, DAWs und Amps mittlerweile ein eingebautes Noise Gate, das jeweils für den Alltagsgebrauch völlig ausreichend ist.
Fazit
Das Noise Gate für die Gitarre ist ein Werkzeug – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Gut eingestellt können Noise Gates ein Gitarrensignal aufpolieren, Nebengeräusche eliminieren und Präzision schaffen, wo sonst nur Chaos herrscht. Richtig eingesetzt, sind sie ein Segen und machen das Leben auf Bühne und im Studio deutlich leichter.
Doch man darf die Kehrseite nicht vergessen: falsch eingestellt, fressen Noise Gates Dynamik und Natürlichkeit. Was bleibt, ist ein steriles, unorganisches Signal, das mit Musik wenig zu tun hat. Auch kann es einer sauberen Spieltechnik im Wege stehen, wenn es zu früh in der Karriere und als Ersatz für eine saubere Spieltechnik angeschafft wird.
Am Ende entscheidet der Einsatzbereich über die Sinnhaftigkeit: Wer im Metal oder High-Gain zuhause ist, wird ein Noise Gate kaum missen wollen. Wer Blues, Jazz oder Classic Rock spielt, kann dagegen meist gut ohne leben. Vielleicht ist das größte Talent eines Noise Gates also, uns Gitarristen daran zu erinnern, wo das eigentliche Problem liegt: in den eigenen Fertigkeiten.
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