von claudius | Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten
Mod Duo Front

Mod Duo wie er leibt und lebt  ·  Quelle: Gearnews, Claudius

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Als 2016 das Mod Duo Effektpedal vorgestellt und über Kickstarter finanziert wurde, hatte ich bei Gearnews natürlich auch berichtet. Und ich war damals schon angetan von der Idee, am Computer Pedalboards zu stricken und die dann auf der Hardware mit auf die Bühne zu nehmen – und nicht nur, weil es aus Deutschland (Berlin) kommt. Ich war allerdings herzlich wenig vom Preis angetan, den fand ich damals mit 499 USD ziemlich hoch (die 299 USD Early Birds waren schon weg) – jetzt kostet das Mod Duo mit 674 Euro sogar noch mehr. Aber anscheinend findet es selbst damit auch noch genug Anklang. Zumindest genug, dass eine weitere Version speziell für die Tasten/Synthesizerfraktion angekündigt wurde, das Mod Duo X.

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Wie gut ist es denn nun eigentlich? Ich habe es mir nach sehr langem Überlegen und Videos im Netz wälzen letztens dann doch gekauft. Und zwar gleich mit dem Mod Footswitch, einem abgestimmten MIDI-Fußschalter der selben Firma. Warum, erkläre ich noch.

Hardware

Im Inneren werkelt ein A20 (ARM A7 mit 1 GB RAM wie im Smartphone) mit(IIRC) 32 Bit, der neue, große Bruder Mod Duo X ist 64 Bit und hat mehr Rechenpower. Für Gitarreneffekte reicht das „Kleine“ aber auf jeden Fall aus. Mit einer Latenz von 128 Samples kommt man sehr gut über die Runden und die Verzögerung ist quasi nicht vorhanden. Die Verarbeitung ist tadellos. Und auch die Hardware-Auswahl: Clickless-Fußschalter, Die-Cast Gehäuse, U-Handle zum Schutz der Push-Endlospotis – alles wirkt sehr wertig. Vom Gewicht her würde ich sagen: Nicht zu leicht und nicht zu schwer.

Wo ein Arduino im Inneren werkelt, da ist Open Source nicht weit. Denn nicht nur die Hardware ist komplett (quell)offen und kann nach Belieben und Können getauscht werden, sondern auch die Software ist der Ideologie folgend Open Source. So sollen später auch Bauteile zum Tausch angeboten werden. Damit ist die Zukunft zumindest sicherer als bei anderen Modeling-Konkurrenten.

Alle Effekte, die man darauf findet, sind Linux-Effekte. LV2. Aberhunderte Pedale wurden nachgeahmt und größtenteils ziemlich gut getroffen. Es gibt auch einige Vertreter, da würde ich sagen: Irgendwas stimmt da noch nicht so ganz. Zu leise. Zu kratzig. Irgendwie überhaupt nicht brauchbar für meine Ohren. Aber das sind Ausnahmen.

Am Rechner wird via USB-Kabel oder Bluetooth (z.B. iPad) das Mod Duo konfiguriert. Via Chrome hat man Zugriff über eine URL (modduo.local) auf das Pedal. Dort werden alle Pedalboards per Drag‘n‘Drop zusammengeschoben und per virtuellen Kabeln miteinander verbunden. Feedbackloops sind dank freiem Routing natürlich auch möglich – gut ausgespielter Vorteil der digitalen Welt.

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Zwei separate Signalwege können geroutet werden und zwei MIDI-Kanäle. Man kann auch von Eingang A auf B und anders herum und von einem MIDI-Controller kann man noch was triggern lassen. Oder einen der Klangerzeuger spielen.

Stichpunkt Controller: Ihr könnt alles an MIDI-Controllern anschließen, was ihr wollt. Laut Hersteller wurden bis zu 16 Stück erfolgreich getestet, danach gingen die Testcontroller aus. Auf der Oberfläche kann man alles recht bequem konfigurieren. Poti X steuert Funktion Y, Fußschalter 1 schaltet Pedal 1 oder Tool Z (AB z.B. Umschalter, Looper …) und so weiter, bis alles belegt ist. Die Potis sind auch doppelt belegbar und können dann per Push die Funktion umschalten. Drückt man das linke Poti lange, kommt man zum Preset-Umschalter ohne Computer, der Rechte schaltet den Tuner an und die Ausgänge stumm.

Mod Duo Footswitch

Footswitch · Quelle: Gearnews, Claudius

Ich habe mit den Mod Footswitch dazu geordert. Der wird über Ethernet angeschlossen und gespeist und muss nicht konfiguriert werden, sondern ist gleich einsatzbereit. Der Preis ist allerdings für einen relativ simplen 4-fachen Fußschalter nicht so heiß, dafür stimmt auch hier die Qualität und die Optik passt zusammen. Damit hat man 6 Fußschalter und 2 Potis. Das reicht sicher für den Live-Betrieb. Und genau deswegen musste auch gleich einer dazu kommen. Nur zwei Pedale sind mir zu wenig. Mit Footswitch kann ich sechs umschalten.

Software + Klang

Wie oben schon mal erwähnt: Es klingt nicht durchweg alles gut – zumindest für mein Empfinden. Vielleicht sind die Effekte auch im Original so und ich komme einfach nicht damit klar. Dafür sind, ich sage mal, 94,3% mehr als brauchbar. Ein A/B-Test war nicht möglich zu den Pedalen, aber in meiner Erinnerung sind alle meine Testkandidaten authentisch getroffen und würden ohne Hintergrundinfo, dass es sich um ein Open Source Linux Plug-in handelt, nicht als digitale Kopie identifiziert werden können. Einige Effekte davon stammen übrigens von Guitarix, dem freien Linux-Äquivalent von GuitarRig. Aber auch andere Anbieter haben schöne Töchter. Die Amps kann ich leider nur bedingt empfehlen – abgesehen davon fehlt noch die Möglichkeit, eigene IRs zu laden – die paar mitgebrachten Speaker sind alle nicht mein Fall. Die Entwickler sind dran.

Ungefähr 400 Effekte sind dabei oder können im Store kostenlos oder kostenpflichtig heruntergeladen werden, und sie sollen demnächst auf 1000 erweitert werden. Das ist amtlich. Als Bassist ist die Auswahl leider eher sehr dünn. Das würde ein Dry/Wet-Regler pro Instanz schon etwas beheben. Vielleicht liest einer der Entwickler hier mit! Hint-hint-hint!!!

Ein weiterer Wermutstopfen ist für mich: Ohne extra Fußschalter bzw. Controller wäre es für mich nicht brauchbar. Ich benutze zwar nicht viele Effekte, aber doch mehr als 2, die das Mod Duo mitbringt. Und diese möchte ich gern je nach Song ein- und ausschalten. Manche Pedale wären also dauer-an. Ich vermisse bei manchen Effekten auch die vielen Potis – man kann die zwar mit dem Push-Poti umschalten, aber schnell ist das nicht. Spielereien mit Delay, Octaver, Booster, Overdrive, Reverb – da regele ich je nach Situation gern mal gegen. Da müsste dann ein weiterer Controller her.

Die CPU-Power reicht je nach Plug-in von 20 Effektpedalen bis zu 4. Je aufwändiger die Berechnung oder je verschwenderischer programmiert, umso weniger sind möglich. Schlägt der DSP-Balken bei der 100 an, fängt es nach ein paar Sekunden an zu kratzen. Wie in der DAW, wenn der CPU schlapp macht, denn nichts anderes ist das hier. In der Situation war ich zumindest aber mit meinem Besteck eher nur mutwillig beim Experimentieren.

Denn das macht mit dem Mod Duo richtig Spaß. Neue Effekte entdecken, die man so nie davor unterm Fuß hatte. Oder gar Effekte, die es so als Pedal nicht gibt, die man eben sich digital ausgedacht hat. Warum auch nicht – klanglich waren die hervorragend, vor allem das eine Muff-artige Fuzz und der DT-1 Overdrive von Overtone haben es mir angetan, der kann von Clean bis Matsch-Fuzz alles und lässt sich hervorragend boosten. Das kostet zwar 10 USD im Store, aber der Entwickler bekommt etwas und ich habe einen tollen Effekt. Und wann bekommt man schon mal ein hochwertiges Pedal für so wenig? Und eine Trial-Version gibt es auch. Genau so wünsche ich mir das.

Ein weiterer echt grandioser Vorteil: Man kann bis zu 3 Musiker mit einer Einheit bedienen. Denn es gibt zwei gebufferte Eingänge, z.B. für Gitarre und Bass, und den MIDI-In bekommt der Synthesizer-Mensch oder Drummer und der triggert die anderen Instrumente und Effekte. Samples kann das Mod Duo noch nicht handhaben, IRs sollen auch erst im Verslauf des Jahres folgen, wenn das Mod Duo X kommt. Dann wird auch die Max-Integration richtig interessant. Damit kann man es auch im Studio einsetzen – auch die LV2-Plug-ins bieten einige Schmankerl, die man tagtäglich nutzen kann.

Fazit

Es ist nicht preiswert. Zumindest kein Preiskracher. Aber was man dafür bekommt, ist wahnsinnig viel. Und dank Open Source ist es in der Zukunft auch kein Auslaufprodukt, sondern kann wie ein alter Rechner mit frischer Hardware bestückt werden und geht wieder jahrelang. Auch wenn mal ein Bauteil abraucht. Passiert das bei einem anderen Modeler, muss es in die Reparatur oder der Nachfolger muss gekauft werden für mehr Power oder bessere Effektberechnung. Das Pedalboard-Interface ist intuitiv am Rechner gestaltet, das Pedal ist super verarbeitet mit hochwertigen Bauteilen.

Was fehlt, ist der einzigartige Charakter von Einzelpedalen auf einem Pedalboard. Viele bunte, kleine Kisten. Und es fehlen mir auch einige Regler. Ich bin nicht so der Controller-Typ, der gern „gesichtslose“ Regler mit Mehrfachbelegung nutzt. Ein Regler/Fußschalter, eine Funktion. Flexibel ist man damit nicht, aber es macht mir eben mehr Spaß.

Ich muss schauen, wie ich damit klarkomme. Klanglich ist das Mod Duo auf jeden Fall über jeden Zweifel erhaben. Da machen auch die paar Gurkenpedale keinen Strich durch die Rechnung. Wer meine Experimente (Pedalboards) mal anspielen möchte und ein Mod Duo besitzt, kann die in der Cloud unter „claudius“ finden und gerne nutzen. Oder hier klicken. Viel Spaß! :)

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5 Antworten zu “Klingt das Mod Duo Pedal wirklich gut?”

    Superwaldi sagt:
    0

    „Zumindest genug, dass eine weitere Version speziell auf die Tasten/Synthesizerfraktion veröffentlicht wurde, das Mod Duo X.“

    Das Mod Duo X ist nicht speziell für Synthesizer entwickelt. Es bietet einfach nur mehr Rechenleistung gegenüber dem Mod Duo an. Diese kann dann z.B. für aufwendigere Pedalboards genutzt werden.

    Außerdem gibt es das Mod Duo X noch gar nicht. Es wird an Vorbesteller frühestens im September ausgeliefert. Ansonsten erst Ende des Jahres/Anfang des neuen Jahres.

    Hans sagt:
    0

    Geiles Teil!! Ich liebe es und bin seit dem endlich glücklich. Ich habe ein funktionierendes Setup mit Boss-Controller und habe alle Möglichkeiten, rumzuspielen und kann mich ausprobieren, ohne mir gleich Neues zu kaufen.

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