von Moogulator | Geschätzte Lesezeit: 10 Minuten
Korg Z1 - Vintage Synthesizer

Korg Z1 - Vintage Synthesizer  ·  Quelle: Sequencer.de

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Wieso gibt es eigentlich keine Youngtimer? Synthesizer, die man nicht mehr kaufen kann, aber interessant, digital aufgebaut oder für kleines Geld zu haben sind? Davon gibt es noch immer genug. Also starten wir mal mit dem Korg Z1. Er ist 1997 erschienen, ein Jahr vor dem Clavia Nord Modular und zwei Jahre nach dem ersten „virtuell-analogen“ Synthesizer, dem Nord Lead 1 und natürlich auch dem Access Virus.

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Korg Z1

Dieser digitale Synthesizer ist der „Vorgänger“ des MS2000 und Microkorg, aber auch der „Nachfahre“ von diversen Workstations wie M1 und Trinity. Sein Schwerpunkt liegt auf Synthese. So viel wie möglich, so flexibel wie machbar in einem klassischen Instrument seiner Zeit mit einem monochromen Display mit vorwiegend Text und damit vielen Parametern und Modulationslisten. Modulare Synthesizer waren noch nicht so beliebt und verfügbar, der Analog-Synthesizer-Wunsch wurde jedoch größer. Wieso sollte so ein altes Gerät interessant sein? Weil er sehr viel kann!

Korg Z1

Korg Z1

Korg hatte damals mit neuer Optik eine Mischung versucht, die auch einige Potis anbietet und eine komplexe Belegung von aktiven 5 Bedienknöpfen, die beliebige Parameter neu skalieren, verbinden und mit eigenen Begriffen belegt werden können. So etwas nennen wir Makros. Konzeptionell gab es 2 Jahre zuvor den Prophecy, der ähnlich konzipiert ist, jedoch weder identisch war noch Patches austauschbar macht. Der Z1 ist kein polyphoner Prophecy, aber er hat ein vergleichbares Konzept. Den Z1 gibt es mit und ohne Stimmenerweiterung. Sie bringt die 12 Stimmen auf 18.

Wer den Z1 antesten will, interessiert sich für einen heute günstigen Synthesizer mit sehr unterschiedlichen Syntheseformen. Die Oszillatoren bieten eine Wahl dieser Methoden, laufen dann in einen Waveshaper und dann in einen Mischer, der auch Feedback erlaubt. Dadurch lassen sich bereits Klänge verändern. Danach sind bis zu vier Filter und Panning aus eigentlich 2 Filter-Abteilungen nicht das Ende für das Sounddesign, denn es gibt auch noch Effekte. Die beiden Oszillatoren haben sehr verschiedene Basismodelle von Physical Modelling über FM (VFM), Kammfilter über Crossmodulation, Ringmodulation, bis hin zu Standard-Klassikern mit Shaping, aber auch Sondermodelle wie das Resonatormodell. Dort werden vier Bandpässe mit Resonanz hinzugefügt. Das interessante ist die Mischung all dieser Oszillatormodelle und die damit verbundene Sättigung.

Schneller Z1 Tech Talk

Der Z1 hat eine Menge an Modulationsquellen, darunter 4 LFOs mit Audiotempo mit komplexen Wellenformen und 5 Hüllkurven. Sie werden am Ziel als kleine Liste von bis zu 3 Modulatoren ähnlich wie im alten Microwave von Waldorf erreichbar. Wie das genau aussieht, habe ich unten im Video für dich vorbereitet. Der Suboszillator hat diese Modelle nicht, aber dafür alle Wellenformen. Damit kann er wirklich viel und sogar Audiomodulationen herstellen. Man kann mit dem Kammfiltermodell von Rauschen auf Sinus überblenden. So ähnlich sehen die anderen Modelle auch aus und sind reich an Einstellungen. Das ist interessant, nicht erschlagend! Die Navigation ist über Drücken der 5 Knöpfe erstaunlich schnell.

Die physikalischen Modelle sind zwar nicht total „echt“, aber bieten recht viele Parameter, um sie zu variieren. Das schöne „Nebelhorn“ des Prophecy ist zwar nicht enthalten, die Modelle sind trotzdem sehr lebendig. Eigentlich ist der Z1 noch immer für alle die kein Modular System, polyphon spielen, aber dennoch wirklich viel klassisch verschalten wollen.

Korg Z1 Knöpfe 1997

Korg Z1 Knöpfe 1997

Korg Z1 Heute

Heutzutage bekommt ihr den Korg Z1 ab ca. 700 Euro. Er versteht MIDI-Controller-Daten, hat aber noch keinen USB-Anschluss, aber dafür Aftertouch und ein 2D-Trackpad. Seine Knöpfe lassen auch etwas „Performance“ zu. Den Rest macht die Gesamtheit gut belegter 5-Druck-Drehpotis und die Wheels, das Pad, Dynamik und so weiter. Die Einbindung ins Studio ist zwar nur per MIDI möglich, aber das ohne Probleme. Er kann sogar multitimbral genutzt werden und das mit bis zu 6 unterschiedlichen Klängen. Die Makros sind etwas, was eigentlich jeder Synthesizer haben sollte. Man belegt jeden Parameter mit „Bereich von bis“ fest und kann sie mehrfach belegen, sodass eine Menge passiert. Heute gibt es so etwas auch, aber nur bei eher teuren Synthesizern mit „Klanglabor„-Appeal.

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Beispiel Z1 Makro

Während der LFO 3 auf das Kammfilter wirkt, kann der Hall einen Tick stärker gemacht werden, das Filter abgesenkt und dabei die Hüllkurvenparameter von Hüllkurve 4 etwas verkürzen. Das wäre ein Beispiel für einen Knopf. In Ableton gibt es das als eine Art Makro-Box und das ist sehr praktisch. Damit werden einzelne Patches sehr spielbar und ereignisreich. Diese Knöpfe lassen sich auch live sehr effektiv einsetzen.

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Z1 warum etwas von 1997?

Die Tastatur des Korg Z1 ist nicht perfekt, damals kostete das Gerät 4800 Deutsche Mark (wäre heute also sogar teuer), war also sicher kein Billiginstrument. Aber für heutige Verhältnisse ist das schon recht gut. Heute ist er noch immer in einigen Studios im Einsatz, hat einen sehr „virtuellen“ Grundsound und ist damit sicher nicht perfekt. Aber er ist flexibel, organisch, interessant und vielfältig. Das richtige für Nerds, Kreative und alle denen andere Synths zu langweilig sind.

Aber er kann auch sehr massive und organische Sounds herstellen. Das Filter des Korg Z1 kann massiv resonieren und da vielen das alles zu viel war, gab es danach den einfachen MS2000 mit klassischen Methoden. Aber was ist mit denen, denen so ein „virtueller“ nicht genug bietet? Der Z1 kam zur falschen Zeit, Leute hatten etwas Angst und wollten die neuen VAs – also einfache Teile – aber heute ist er ein Füllhorn an Synthesen. Viele der Sounds, die ich damit gebaut habe, sind mit keinem anderen Synth herzustellen und erstaunlich offen, organisch und überraschen deutlich mehr – es geht ein Raum auf, irre Resonanzen und Eruptionen kommen einem entgegen oder es bewegt sich etwas einfach so, dass man auch hinhören kann. Das gilt für alle Soundtypen.

VA Synthesizer haben Synths wie den Z1 lange Zeit verhindert!

Leider haben die interessanten Spezialideen im Microkorg und MS2000 nicht mehr Eingang erhalten, etwas mehr aber beim Radias. Das Ur-Entwicklungssystem „Oasys“ war später dann mit diesem Namen ein eigenes System der nächsten Generation. Das Original Oasys kam nur als Soundkarte auf den Markt, die aber heute nicht mehr leicht zu finden ist. Sie ist ebenfalls nicht identisch mit Korg Z1 und Prophecy, zeigt aber wo die Geräte damals her kamen.

Das war Korgs „Entwicklungssystem“. Korg nennt das System übrigens MOSS (Multi Oszillator Synth System). Das kann viel – und im Vergleich zu allem, was an „Virtuellem“ in über 20 Jahren dazwischen passierte, sind die meisten Synthesizer sogar heute nicht stärker. Aber Einige sind anders. Alle wollten einfache Geräte, die irgendwie Standards herstellen, aber die Synthesemaschinen wurden seltener. Man warb damals für Synthese, sehr sogar. Leider konnten viele trotzdem nur Presets abrufen. Der Z1 ist super, wenn man eigene Sounds gebaut hat. Seine Presets hauen nicht vom Hocker, aber er kann weit mehr. Das Schicksal wird wohl auch der John Bowen Solaris teilen. Aber was man mit Experimenten da raus holt, ist wirklich erstaunlich.

Korg Z1 Bandpass Modell Edit

Korg Z1 Bandpass Modell Edit

Gibt es Andere?

Was kann der, was ein aktueller Synthesizer nicht liefert? Heute wäre wohl der Aodyo Omega am nächsten an seinem Konzept dran, ein modularer Synthesizer aus Frankreich. Er wird erst gegen Ende des Jahres lieferbar sein, sein paraphoner Kollege und Vorgänger ist günstiger und moderner. Der Microkorg ist eine kleinere Reminiszenz, aber kein Ersatz für den Korg Z1, ebenso der Nachfolger des Nachfolgers des „neueren“ Oasys, dem Nautilus – der aber eher eine Sammlung konventionellerer Synthesepakete ist, als das, was der Z1 tut. Ein Modular System ist auch anders, ich kaufte damals als Ersatz den Nord Modular – aber der ist auch einfach anders auf vielen Ebenen. Die Klangästhetik ist sowieso total verschieden.

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Der Korg Z1 ist für die User spannend, die viel Veränderung mögen und dennoch den „90erSound“ nicht scheuen. Man muss sicher gestehen, dass die typischen Artefakte gerade im Z1 durchaus vorhanden sind. Das kennt man vom Virus oder anderen Synthesizern dieser Zeit. Ein wenig glitzernder Staub hängt somit über jedem Klang. Dafür bekommt man interessante, aber nicht zu realistische Physical-Modelling-Synthese und die Mischung aus diversen Methoden in einem Synthesizer, den man auch jetzt noch einfach nutzen kann. Wer die Ästhetik von heute besser findet, muss sich eher bei den oben genannten Geräten umsehen – aber die Art wie es wirkt, ist verschieden. Mir sind sehr ungewöhnliche Klänge gelungen, die bei voller Nutzung weit mehr als 303-Simulationen und ähnliches enthalten.

Wohin geht es mit dem Korg Z1

Der Z1 hat komplexe Hüllkurven, am Gerät sind ADSR-Knöpfe, schade dass es das heute seltener gibt. Ich hatte einst versucht einen Autechre-Klang, der eher ein Sample war damit nachzubauen und es gelang. Auch seine sehr komplexe Veränderung über Anschlagdynamik. Das ist, was ein Z1 phantasisch macht. Er hat zwar den VA-Sound, aber er macht weiter wo noch heute einige sich nicht herantrauen. Mit anderen Geräten wird man das nicht immer „hinkriegen“.

Der monophone Bruder Prophecy als Software kann zwar polyphon gespielt werden und ist ebenfalls ähnlich interessant – aber auch er ist anders, etwas dumpfer. Auch er hat einen Reiz, den andere nicht erreichen. Er wäre so gesehen noch am nächsten an dieser Idee und Ästhetik. Die Synthesemodelle sind nicht reduziert, sondern eher ausladend und komplex Wunderbar! Deshalb liebe ich ihn noch immer.

Ja, seine Engine könnte ein wenig moderner sein, aber am Ende bekommt man auch und gerade mit dem, was heute da ist, eher Vintage Sounds, irgendwelche 80er-1-LFO-Sounds geliefert, aber nicht so ein Monster! Deshalb verkaufe ich den nicht. Ich habe das getan und es bereut. Meine damaligen Sounds lud ich ein und schon war ich wieder „verliebt“ – wie gut, die Sounds passen ja heute immer noch, nichts ist gealtert oder unnötig!

Potenzial

Die vielen Klangmodelle erlauben die Verschränkung der beiden Oszillatoren und Suboszillatoren. Die FM oder ähnliches (Xmod, Ringmod, Kammfilter, etc.) kann oft den Suboszillator, die Filter oder den Nachbaroszillator 2 verwenden! Super! So geht das! Ein Waldorf Iridium kann das heute nicht und der kann sonst total viel. Jedes Modell erlaubt meist eine Wahl der Quelle (aus allem was der Korg Z1 zu bieten hat) und der Stärke – es erinnert an die Modulationen des Waldorf Microwave 1 (und M). Das ist toll, man kann sofort etwas modulieren, muss in keine Matrix und alles hat Modulationsoptionen! Das ist fett!

Die Art und Weise etwas miteinander zu kombinieren ist oft ebenso spannend. So hat man selten minimale Modelle, sondern komplexe Optionen. Heute hat man eher Geräte wie den Microfreak, wo es ein kleines Set mit Veränderungen gibt, der Korg Z1 ist nahezu das „Gegenteil“. Sehr viele Details sind steuerbar. Gegenüber heutigen Konzepten ist das fast das Auffälligste. Was manche als Parametergrab“ bezeichnen, ist des Nerds Freudenbad! Die Angabe verschiedener Wellenformen durch Shaping oder Kammfilter etwa verwandeln kontinuierlich Sounds in einer noch immer nicht so üblichen Weise.

Tiefe

Nur als weiterer Mini-Einblick zum Schluss (siehe Video): Der Standard-Oszillator bietet 2 Waves, Shaping, Edge und PWM, um Veränderungen zu erhalten. Bei FM gibt es nicht nur 2 Quellen, sondern es beinhaltet immer noch Besonderheiten. Genau so ist es bei allem im Korg Z1. Es macht Spaß und da wo andere einen Computer brauchen, trumpft der Z1 trotz seines Alters. Ihr habt vergessen, was es alles schon gab! Bring back the Synth Monster!

Bildquellen:
  • Korg Z1: Sequencer.de
  • Korg Z1 Knöpfe 1997: Sequencer.de
  • Korg Z1 Bandpass Modell Edit: Sequencer.de
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