von claudius | Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten
Straßenmusiker zaehlt Geld

Ein Übeltäter! Zu Pohden mit dem Purchen!  ·  Quelle: Fotolia / Urheber: Gina Sanders

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Das sind mal wieder Auswüchse des Ordungswahns der deutschen bzw. Berliner Behörden, die mir die eine oder andere Frustader platzen lassen. Elen Wendt, bekannt als Teilnehmerin von „Voice of Germany“ oder Vorband von Westernhagen, spielte mit ihrer Gitarre als Straßenmusikerin in Berlins Fußgängerzonen … „was dann geschah, ist unglaublich!“ ;)

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Das Ordnungsamt, das sich anscheinend eine Pause vom Knöllchen verteilen aka „Parkraumüberwachung“ und Ahnden von ausgespuckten Kaugummis gegönnt hat, hat der Dame ein Bußgeld von 1450 Euro am Alexanderplatz aufgedrückt, weil: „Unerlaubte Straßennutzung durch Abstellen von Gitarrenkoffer und Verstärker sowie Störung durch Lärm“. Bitte was?

Ich weiß, Berlin hat kein Geld, aber fängt es jetzt wirklich an, das selbst ins Budget gerissene Loch #hust#BER#hust# an den Straßenmusikern zu flicken? Straßenmusik ist meiner Auffassung und auch der von Elens Anwalt eine Darbietung von Kunst und in Deutschland ist Kunstfreiheit. Das Berliner Straßengesetz verbietet es aber, Gegenstände ohne Erlaubnis abzustellen. Also Achtung, wenn ihr das nächste Mal eure Tasche abstellt und es nicht bei den Behörden gemeldet habt – Berlin braucht gerade Geld.

Außerdem war der Koffer der Straßenmusikerin offen, was die Richterin so deutet, als würde die Musikerin Geld als Gegenleistung für ihre Musik erwarten. Andere würden es als freiwillige Spende auslegen. Wäre der Koffer geschlossen gewesen, hätte das Argument vielleicht nicht gezogen? Ich weiß es nicht. Anscheinend ist das wie bei den menschlichen Statuen, die sich nur bewegen, wenn man Geld hinwirft: Sie spielte vielleicht nur Lieder, wenn jemand Geld gegeben hat? ;)

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Ach ja: Lautstärkebelästigung. Ihr Amp war laut Augenzeugin gut 100 m weit am Alex zu hören. Das ist Lärmbelästigung, meint die Richterin, auch wenn das Ordnungsamt keinerlei Lärmmessung gemacht hat, weil schlicht keine Messgeräte vorhanden sind. Da wurde aus dem Bauch und durch „Erfahrung“ entschieden. Ich weiß nicht, wie laut die Dame mit Gitarre und Gesang war, aber die Akkuverstärker reichen IMHO nicht für eine Lärmbelästigung.

Ich weiß nicht genau, wo es sich am Alexanderplatz abgespielt hat, aber direkt dran gibt es AFAIK keine Wohnhäuser. Nur „daneben“ und die, die dort wohnen, sind durch die 6-8 spurigen Straßen, Zug und S-Bahnverkehr, konsumwütige Menschenmassen und die regelmäßigen Märkte sicher ziemlich abgehärtet und ich glaube kaum, dass die Probleme mit Lärm haben und wenn, dann geht die Straßenmusikerin sicher im Gewimmel unter.

Berliner Behörden, versaut nicht auch noch das letzte bisschen Kreativität, das in Berlins Straßen noch übrig ist. Musiker gehören doch zum Straßenbild in Berlin. Klar sind manche nervig oder schlicht untalentiert, aber dann geht man halt weiter. Ihr könnt der Stadt natürlich weiter die Seele rauben, dann schließt die Fußgängerzonen in Kreuzberg, Neukölln, Friedrichshain und die letzten Bereiche im Prenzlauer Berg doch gleich ganz ab. Die passenden Gesetze findet ihr sicher dazu, notfalls nutzt doch den EM-Trubel um schnell ein paar Gesetze abseits der öffentlichen Wahrnehmung durchzuschieben.

Ich geh jetzt in den Keller schreien. Hoffentlich hört mich keiner, sonst wird’s vielleicht teuer.

Quelle: Berliner Kurier

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7 Antworten zu “Bußgeld für Straßenmusikerin in Berlin, oder: „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“”

    Mark sagt:
    0

    Wäre der Koffer geschlossen gewesen, hätte man viell. eine Bombe vermutet und die Gute säße jetzt als terrorverdächtige in U-Haft^^. Es ist schon erschreckend was hier manchmal abgeht.

    urep sagt:
    0

    Diese Beamtenmentalität ist oft so fern von der Lebenswirklichkeit, die leben glaube ich in ihrer eigenen Welt. Die meisten Straßenmusiker am Alex wirken eigentlich nicht wie abgebrühte Bettler. Würde mir mal so ein Vorgehen gegen diese lästigen S-Bahn-Krachmacher wünschen. Selten ist da jemand gut. Meistens sind das Roboter, die auf volle Bahnen warten und dann den Zugriff machen. Da wird in 90 Sekunden dann irgendwas runtergeleiert, was ich schon gehört habe, als ich vor Jahren hier hergezogen bin. Dann kommt, worum es geht: Becher auf, Geld her (schließlich hab ich 3 Töne auf meinem Akkordeon gedrückt)! Das nervt einfach nur noch. Der dreisteste Typ war aber jemand, da konnt ich mir das Lachen nicht mehr verkneifen, der einfach nur mit einem Lautsprecher auf Rollen durch die Bahn zog und die Hand aufhielt. Das war an Absurdität nicht mehr zu überbieten..

    Ari Ahrendt sagt:
    0

    Ich weiß jetzt ehrlich gesagt nicht, wo das Problem der Aufregung ist. Ist es außerhalb Hamburgs nicht bekannt, dass „verstärkte Musik“ anmeldepflichtig ist, und dass man dafür eine Art Standgenehmigung benötigt, die dann auch bei Streifen ggf. vorzuzeigen ist? Nicht bekannt andererorts? Also hier ist das ganz normal, und jeder vernünftige Straßenmusiker hier hält sich üblicherweise auch stressfrei daran.

      Fridelzastro sagt:
      0

      Ist sie eben nicht immer und überall. Es gibt Städte, wo alles erlaubt ist, was keinen Netzstrom braucht. Somit sind Akkuverstärker erlaubt. Und bevor wegen Lärmbelästigung Anzeige erstattet werden darf, MUSS per Gesetz in Berlin (2010) eine Spitzenwertmessung vorliegen. Das ist zumindest mein Stand. Anmeldung muss man auch nicht dafür haben. Öffentlicher Raum, Kunstfreiheit. Keine Ahnung von HH, aber BLN ist anders.

        gearnews sagt:
        0

        Ich habe mal auf die Schnelle geschaut, konnte aber nichts über eine Anmeldepflicht im öffentlichen Raum in Berlin finden. Nur über Örtlichkeiten der BVG (Öffis), dort gibt es diese Pflicht mit einer (recht niedrigen) Gebühr inkl. Ticket für An- und Abreise.

        Das Ordnungsamt Mitte hatte ich von 5 (sinnlosen) Versuchen einmal am Aparat, da wurde die Verbindung mittendrin unterbrochen. Sonst nur Wartschleife. Google spuckt dahingehend nur ein PDF von 2010 aus, demnach scheint es aber erlaubt zu sein, wenn es zumutbar ist und Pegel XYZ (nicht genannt) nicht gemessen überschritten wird. Vermute aber mal, dass das überholt ist.

    claudius sagt:
    1

    Am Alex sind einzelne Musiker(innen) mit Akustikgitarre sicherlich mit das geringste das Problem für mögliche Anwohner.
    Aber grundlegend verstehe ich dich. Wenn vor der Bude Tag ein Tag aus Bands mit Autobatterie oder Generator ihre Amps ausfahren und Akustikdrums aufbauen, dann geht das eionfach nur noch gegen den Strich. (Und ist meines Wissens auch nicht ohne Weiteres erlaubt)

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