von Dirk | Geschätzte Lesezeit: 8 Minuten | Unsere Wertung: 4,5 / 5,0
Angecheckt: Strymon NightSky

Angecheckt: Strymon NightSky  ·  Quelle: Gearnews

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Seit ein paar Monaten ist das Strymon NightSky erhältlich. Viele Reviews waren aus der Sicht von Gitarristen verfasst, hier mal ein anderer Blickwinkel. Denn das Reverb-Pedal ist auch für Synthesizer und  Drumcomputer ein höchst interessanter Effekt. NightSky im Angechckt.

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Strymon NightSky

Als eine „Reverberant Synthesis Machine“ bezeichnet der Hersteller selbst das schmucke blaue Pedal und deutet damit schon an, dass Klangforschung hier groß geschrieben wird. Das spricht mich schon mal direkt an, denn Sounddesign ist einer meiner Lieblingsbeschäftigungen. Ich bin schon neugierig, wie sich das in dem hübschen Karton verpackte Pedal anhört. Ausgepackt macht es bereits einen guten Eindruck. Das Gerät wirkt solide, die Anschlüsse sind robust, die Drehregler lassen sich angenehm bedienen. Auf der Unterseite befinden sich keine Füße, das Aufkleben der beiliegenden Gumminoppen spare ich mir, denn ich will das Testgerät möglichst im Originalzustand zurückgeben. Oder behalte ich es sogar? Mal sehen, wie mein abschließendes Fazit ausfällt.

Für diejenigen, die sich bisher noch nicht weiter mit dem NightSky beschäftigt haben, noch mal ein kurzer Überblick über das Gerät:

NightSky ist ein Reverb-Pedal (mit einem Schwepunkt auf Shimmer-Effekte), das sowohl Mono- als auch Stereo-Signale bearbeitet. Ihr könnt hier nicht nur Gitarren anschließen, sondern ebenso Synthesizer oder andere mit Line-Ausgang bestückte Gerätschaften. Neben Anschlüssen für ein Expression-Pedal oder einen Multi-Switcher verfügt das Pedal zusätzlich über Buchsen für USB und MIDI. Außerdem steckt hier noch ein kleiner 8-Step-Sequencer drin, der für rhythmisches Umschalten von Presets zuständig ist. Drei für Pedale typische Fußschalter aktivieren den Effekt, morphen zwischen zwei Parametern, frieren den Hall ein, starten den Seuquencer-Modus oder wechseln zwischen einzelnen Steps und Presets.

Wie ihr jetzt schon seht, bietet das kleine blaue Pedal viele Möglichkeiten. Deshalb lohnt sich ein Blick auf die Details.

Die Anschlüsse auf der Rückseite des Strymon NightSky

Die Anschlüsse auf der Rückseite des Strymon NightSky

Drei Reverb-Typen mit Modulation

Drei Reverb-Algorithmen (hier Texture genannt) bietet das Gerät. Sparse ist ein Reverb mit Granular-Charakter, Dense stellt ein Plate-Reverb nach, Diffuse erzeugt einen eher verwaschenen, wolkigen Sound. Diese drei Typen stellt ihr in der Decay-Sektion ein, mit zwei zusätzlichen Reglern die Decay-Zeit (Length) und die Größe des Raums. Dieser Drehknopf wird mit Size/Pitch beschriftet und deutet bereits an, dass ihr hiermit ebenfalls eine Veränderung der Tonhöhe vornehmen könnt. Mit drei Modi für Quantize legt ihr fest, wie die Pitch-Veränderung geschieht. Entweder fließend, in Schritten oder nach einer festgelegten Skala.

Die Modulations-Sektion bietet Regler für Speed und Depth, außerdem stellt ihr hier das Ziel (Target) auf Verb, Pitch oder Filter um und wählt zwischen fünf Schwingungsformen (Dreieck, Rechteck, auf- und absteigendem Sägezahn sowie Random). Als sechste Option bietet NightSky einen Hüllkurvenfolger an.

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In der mit Tone betitelten Sektion warten Low- und High-Cut-Filter, außerdem könnt ihr festlegen, wie das Filter auf die Hallfahne selbst wirkt. Regen(ertaion) produziert Reverb-Sounds, die mit zunehmendem Decay dunkler werden, Low-Pass erzeugt ein Tiefpassfilter mit einer spitzen Resonanz und betont so bestimmte Frequenzen stärker.

Strymon NightSky

Strymon NightSky

Shimmer, Glimmer und Drive

Nun zum vielleicht interessantesten Bereich von NightSky. Voice kümmert sich nämlich um die verschiedenen Parameter des Shimmer-Effekts, der die Tonhöhe des Reverb-Sounds verändert und zugleich für weitere Färbung sorgt. Interval steuert den Pitch nach musikalischen Intervallen (2nd, 4th, 5th, 8th) – sowohl im positiven als auch negativen Bereich. Ihr könnt den Hall also bis zu einer Oktave nach oben oder unten stimmen.

In der 12-Uhr-Stellung reagiert das Pedal aber auch auf MIDI und bietet weitere alternative Intervalle an. Ihr seht schon, wie komplex es hier zugehen kann. Mit einem Knopf bestimmt ihr, ob der Shimmer nur auf das im Reverb-Algorithmus ankommende Signal angewendet wird oder auf die Hallfahne selbst. Wenn keine der beiden LEDs (Input, Regen) leuchtet, ist der Effekt deaktiviert.

Glimmer wiederum nimmt sich den Reverb-Ausgang vor und fügt diesem Harmonische hinzu, die entweder den oberen oder den unteren Frequenzbereich andicken. Auch hier gilt: Leuchtet keine LED, ist dieser Effekt deaktiviert. Das gilt ebenso für den zusätzlichen Drive, der entweder vor dem Reverb (Pre) oder eben Post eine Portion Sättigung hinzufügt. Ganz schön komplex, oder?

Mix und Sequencer

Die Mix-Sektion ist da vergleichsweise fix abgefrühstückt. Lautstärkeregler für das Original- und Reverb-Signal findet ihr hier, das ist alles.

Obwohl, einen hat das NightSky noch: Die acht Buttons mit der Beschriftung Favorite dienen nämlich nicht nur der Auswahl von Presets, sondern fungieren alternativ als Steps für den Sequencer. Diesen startet ihr über das Halten des Infinite-Fußschalters – ein kurzes Klicken friert dagegen das Reverb ein und addiert obendrauf das eventuell weiterlaufende Signal mit ausgewähltem Effekt. Der linke Fußschalter wechselt bei aktiviertem Sequencer-Modus zwischen den belegbaren Steps (die bereits genannten kleinen acht Buttons). Der Schalter in der Mitte dient im zum „Tappen“ der Geschwindigkeit. Das Tempo lässt sich aber auch zu einer eingehenden MIDI-Clock synchronisieren. Wow!

Gewaltige MIDI-Optionen

NightSky verfügt neben einem USB-Eingang auch über DIN-Buchsen (In/Out) für MIDI. Und damit wird das Pedal erst so richtig „deep“. Ihr steuert darüber nämlich jeden einzelnen Parameter und bekommt obendrein Zugriff auf 300 Presets. Das Tempo des Sequencers oder den Pitch kontrolliert ihr damit präzise.

Gerade im Zusammenspiel mit der DAW ergeben sich dadurch sehr spannende Möglichkeiten. Ihr könnt nicht nur Sequenzen aus dem Rechner, Synthesizer oder was auch immer im Gleichschritt mit dem Effekt bearbeiten, sondern auch jederzeit Parameteränderungen vornehmen. Da ist MIDI CC euer Freund – ein dediziertes Editor-Plug-in würde da richtigen Mehrwert schaffen! Ich bin mir sicher, dass so etwas kommen wird, denn NightSky schreit geradezu danach.

Strymon NightSky

Strymon NightSky

Und wie klingt es?

Der vorherige Teil war vielleicht etwas ermüdend, aber auch notwendig. Denn wer mit Synthesizern, Samplern, Drumcomputern und Sequencern arbeitet, interessiert sich meistens auch sehr stark für Sounddesign. Und da zeigen die vielen Optionen bereits, was sich alles mit NightSky anstellen lässt und wie komplex es hier werden kann.

Ihr könnt hier also quasi richtig „planvoll“ herangehen und Ideen umsetzen, aber natürlich genauso gut einfach loslegen und dran herumschrauben. Egal welchen Ansatz ihr wählt, der Sound verwöhnt euch auf jeden Fall! Ihr veredelt mit traumhaften Hallräumen eure Spuren oder lässt komplett neue Klänge und Harmonien entstehen. Dieses Pedal darf fast schon als eigenständiges Instrument betrachtet werden.

Mir gefällt NightSky dann am besten, wenn es nicht gerade subtil zur Sache geht, sondern richtig audreht. Das geht sogar so weit, dass ich das trockene Signal manchmal einfach komplett rausnehme und mich nur dem puren Effekt-Sound hingebe. Mit Shimmer und hoher Decay-Zeit kommen hier herrliche Ambient-Flächen heraus – wahlweise mit oder ohne Modulation. Die Freeze-Funktion macht ebenfalls viel Freude und bringt immer wieder schöne Ergebnisse zustande.

Aber auch als Reverb taugt die „kleine Kiste“ durchaus, das ist aus meiner Sicht aber nicht die eigentliche Aufgabe hier. Wer Sounds oder Spuren einen „Raum“ verpassen will, greift zu anderem Hilfsmitteln. Damit komme ich auch gleich zu einem „Aber“. Ich arbeite nämlich (wie die meisten von uns vermutlich) mit einer DAW und unzähligen Plug-ins. Und da gibt es einige, die ebenfalls einen fantastischen Sound haben. Das führt mich zum Fazit.

Strymon NightSky ist ein Traum für Sounddesigner

Strymon NightSky ist ein Traum für Sounddesigner

Fazit

Strymon NightSky ist ein komplexer Reverb-Effekt, verpackt in einem Pedal-Gehäuse. Die Spezialität sind hier eindeutig Shimmer-Effekte, die zu beglückenden Ergebnissen führen. Ich kann stundenlang an den vielfältigen Parametern herumschrauben und komme immer wieder zu aufregenden Ergebnissem. Die vielen Features werden durch extrem umfangreiche MIDI-Funktionen und den Sequencer enorm erweitert. Um diese Möglichkeiten zu erforschen, muss aber auch einige Zeit und Mühe investiert werden. Wer Sounddesign liebt, kommt damit voll auf die Kosten und kann tief in den Kaninchenbau hineinkriechen.

Es gibt allerdings auch einige Plug-ins, die ebenfalls so viele Features bieten und einen sehr guten Sound abliefern. Wer mit der DAW als Zentrale arbeitet, bekommt da durchaus einige Alternativen, die sich außerdem gut automatisieren lassen und auch günstiger in der Anschaffung sind. Die Haptik spielt andererseits natürlich auch eine gewisse Rolle. Wer nicht immer auf einen Bildschirm glotzen will, wird einem Hardware-Effekt wie diesem den Vorzug geben.

Ich persönlich kann auf NightSky verzichten, auch weil der Anschaffungspreis durchaus nicht ohne ist. Der Abschied tut mir aber trotzdem weh. Wer es einmal zwischen den Fingern hatte, will es nämlich nicht mehr hergeben. Dafür ist dieses Effekt-Pedal einfach zu großartig.

Weitere interessante Produkte unserer „Angecheckt“-Reihe findet ihr hier. Ihr habt Vorschläge? Dann her damit!

Verfügbarkeit und Preis

Strymon NightSky bekommt ihr bei Thomann* zu einem Preis von 485 Euro. Das zugehörige Netzteil ist im Lieferumfang enthalten.

Weitere Infos

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Bildquellen:
  • Die Anschlüsse auf der Rückseite des Strymon NightSky: Gearnews
  • Strymon NightSky: Gearnews
  • Strymon NightSky: Gearnews
  • Strymon NightSky ist ein Traum für Sounddesigner: Gearnews
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4 Antworten zu “Angecheckt: Strymon NightSky – Reverb-Pedal für deepes Sounddesign”

    Florian sagt:
    0

    Super Artikel.
    Was wären denn die Software Alternativen?

      Dirk B. sagt:
      0

      Also ganz klar: Eine genaue Nachbildung des NightSky ist mir in Software-Form nicht bekannt. Das ist schon einmalig, ich würde es mit Plug-ins wie Eventide Blackhole, Valhalla Shimmer oder Soundtoys Crystallizer kompensieren. Aber um es ganz deutlich zu sagen: NightSky ist in den Möglichkeiten schon sehr einzigartig und klingt sehr gut!

    Jo sagt:
    0

    Interessanter Artikel, allein die Soundbeispiele fehlen mir…

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