Das Gear von Tom Morello – Die besten Gitarristen aller Zeiten
Rage against the Machine - Der Sound
Heute schauen wir auf das Gear von Tom Morello. Denn es gibt Gitarristen, die erweitern ein Genre – und es gibt Gitarristen, die erweitern das Instrument selbst. Tom Morello gehört eindeutig zur zweiten Kategorie. Der in Harvard (!) ausgebildete Politikwissenschaftler ist nicht nur das riffende Rückgrat von Rage Against The Machine, sondern auch einer der wenigen modernen Spieler, die sich trauen, den Sound der E-Gitarre komplett neu zu denken.
Das Gear von Tom Morello: Inhalt
Wie viele Gitarristen kennt man, deren Soli man nicht nach der Melodie, sondern nach dem Geräusch erkennt? Wer Tom Morello hört, weiß sofort, wer das Effektboard bedient. Ob Hubschraubergeräusche, DJ-Scratches, Sirenen oder synthetische Attack-Linien – Morello hat die Grenze zwischen Gitarre und Maschine so konsequent eingerissen, dass es rückblickend fast logisch wirkt.
In dieser Folge unserer Reihe „Die besten Gitarristen aller Zeiten“ werfen wir einen detaillierten Blick auf das Gear von Tom Morello: Gitarren, Amps, Effekte, Spieltechniken. Oder anders gesagt: auf die Zutaten für einen einzigartigen Sound im Kampf gegen die Maschinen.
Was macht den Stil von Tom Morello aus?
Tom Morello ist ein Paradox: Er ist keiner dieser 200-Noten-pro-Sekunde-Virtuosen, trotzdem erkennt man ihn innerhalb einer halben Sekunde. Sein Geheimnis liegt allerdings weder in Geschwindigkeit noch in seiner Spieltechnik an sich, sondern in der radikalen Zweckentfremdung der E-Gitarre.
Statt Sweeps, Legato-Linien oder klassischer Blues-Pentatonik setzt er auf Groove, präzise Rhythmikund den Mut, das Instrument zu verunstalten – im allerbesten Sinne des Wortes. Tom Morello arbeitet häufig wie ein Sounddesigner: Er scratcht, morsed, schneidet und pumpt die Gitarre durch sein Pedalboard wie ein Produzent an einem Modular-System.
Die Idee: Alles ist erlaubt, solange es groovt und nach vorne geht.
Gitarren – Die ikonischen Arbeitsgeräte

Hoch am Gurt und individuell gestaltet: Das eint all die Instrumente im Gear von Tom Morello. Einige Gitarren in seinem Arsenal schauen wir uns näher an:
„Arm The Homeless“ – Stratocaster Body mit Kramer Hals
Man kann über Tom Morellos Gear vieles sagen, aber eines sicher nicht: dass er Luxus braucht. Seine berühmteste Gitarre – die „Arm The Homeless“ – ist im Grunde ein Frankenstein-Monster aus Teilen, die andere vermutlich nicht mal im Keller aufbewahren würden.
Ursprünglich als teure Custom-Variante für ihn gebaut, ist heute nur noch der Korpus (Erle) übrig. Die auffällige Bemalung? Von ihm selbst. Inklusive vier wunderbarer Hippo-Aufkleber. Der Hals ist ein Kramer-Fabrikat, der, so will es die Legende, einmal aus einer Abfalltonne gerettet wurde. Wer hier an das Gear von Eddi Van Halen denkt, ist auf dem richtigen Weg.
Klanglich arbeitet die Gitarre mit einem EMG H am Hals und einem EMG 85 Humbucker an der Brücke, die Morello wegen ihrer Durchsetzungskraft und der klaren Ansprache gewählt hat.
Dazu kommen Graph-Tech-Parts und ein Flyod-Rose-Tremolo, das schon mehr Reparaturen hinter sich hat, als wirtschaftlich zu vertreten wäre.
Doch genau das macht diese Gitarre, ja das Gear von Tom Morello aus: Sie ist roh, unkonventionell, unkaputtbar – und sie verkörpert den Ansatz von Rage Against The Machine und Tom Morello perfekt: Funktionalität vor Ästhetik, Kreativität vor Perfektion.
Fender Telecaster „Sendero Luminoso“
Wenn Morello nicht gerade seine „Arm The Homeless“ schwingt, greift er häufig zur Fender Telecaster „Sendero Luminoso“. Das Modell basiert auf einer klassischen Tele, wurde aber im Laufe der Jahre ebenfalls mehrfach modifiziert, beklebt, zerkratzt und wieder zusammengeflickt.
Die Herkunft der Gitarre ist im Gear von Tom Morello eine kleine Besonderheit: Nachdem seine ursprüngliche Gitarre nicht in der Lage war, schnell in Drop D zu wechseln (Locking Nut… ihr kennt das Problem), musste was neues her. In einem kleinen Gefangenenaustausch wurden ein Marshall-Head gegen eine Telecaster verabredet — fertig.
Der markante Schriftzug „Sendero Luminoso“ auf dem Korpus – eine Anspielung auf die peruanische Guerillabewegung – ist natürlich auch kein Zufall. Tom Morello nutzt, wie seine Mitmusiker auch, seine Instrumente gern als politische Bühne. Technisch liefert die Tele einen durchsetzungsstarken, hellen Attack, der perfekt zu Songs wie Killing in the Name of oder Revolver passt.
Fender „Soul Power“ Strat (Audioslave-Ära)
Zu Audioslave-Zeiten wechselte Morello für viele Songs auf eine Fender Stratocaster. Natürlich wurde das Teil aus dem Verkaufsraum schnell modifiziert und an seine Bedürfnisse angepasst. Scheint gut geklappt zu haben, heute gibt es die Fender Tom Morello Strat FR RW BLK.
Optisch sind das Mirror-Pickguard und das groß aufgebrachte „Soul Power“-Decal (in der Signature-Variante übrigens ebenfalls zum Selbstaufkleben) eine klare Verbeugung vor Morellos Faible für politische Statements und Experimente.
Unter der Haube finden wir einen Seymour Duncan Hot Rails am Steg, der der Gitarre ihre aggressiven, breiten Leads verleiht. Dazu kommt ein Floyd-Rose-Tremolo, das Morello bei Divebombs und Whammy-gestützten Sounds besonders gern einsetzt.
Der entscheidende Bestandteil ist jedoch der Kill-Switch, mit dem Morello die typischen Stottereffekteerzeugt – etwa im Solo von Like a Stone. Die Soul Power Strat ist die vielleicht modernste und flexibelste Gitarre in seinem Arsenal und bildet den perfekten Gegenpol zur rohen „Arm The Homeless“.
Das Gear von Tom Morello: Amps
Ohne Röhren gehts nicht. Sieht auch Tom Morello so, bleibt dabei aber maximal festgelegt:
Marshall JCM800 2205
Es gibt Gitarristen, die haben im Lauf ihrer Karriere zehn, zwanzig oder hundert Amps durchprobiert. Und dann gibt es Tom Morello. Seit den frühen Tagen von Rage Against The Machine steht bei ihm ein Amp im Mittelpunkt: der Marshall JCM800 2205. Ein britischer 50-Watt Klassiker, der klingt, wie Morellos Spielweise es verlangt: hell, bissig, direkt und mit einem extrem präzisen Attack.
Der 2205 gehört zu den Modellen mit Master Volume, was Morello die nötige Kontrolle über Gain und Lautstärke verschafft – auch wenn der Sound am Ende meist mehr vom Effektboard als vom Amp geprägt ist. Der Marshall liefert die saubere, straffe Grundtextur, auf die Morello seine Effekte wie Bausteine setzt.
Typisch sind seine stark mittigen EQ-Einstellungen, die dafür sorgen, dass die Gitarre auch bei extremen Effekten nicht im Mix verschwindet. Der Ton bleibt immer präsent, perkussiv und durchsetzungsstark – ganz egal, ob er gerade ein Riff spielt oder sein Whammy Pedal bis zum Anschlag tritt.
Weitere Amps
Gelegentlich tauchen im Studio noch weitere Verstärker auf – kleinere Marshalls, alte Combos oder Amps, die nur für spezielle Takes genutzt wurden oder als Übungsamps taugen. Doch im Kern bleibt Morello ein Purist: ein Amp für alles. Der Rest passiert über sein Pedalboard.
Effekte – Das Herz im Gear von Tom Morello
Tom Morellos Signature-Sound entsteht nicht durch teure Custom-Gitarren oder Boutique-Amps. Der wahre Kern seines Tons liegt auf dem Boden: in einem Effektboard, das zwar unspektakulär aussieht, aber klanglich ganze Welten erzeugt — oder eben niederreisst. Ganz nach Verfassung.
Wah-Wah (Dunlop Cry Baby)
Morellos Dunlop Cry Baby ist ein Paradebeispiel dafür, wie kreativ ein klassisches Effektgerät eingesetzt werden kann. In Songs wie „Bulls On Parade“ nutzt er das Wah nicht als Filter, sondern wie ein zusätzliches Scratching-Tool. Die rechte Hand übernimmt die rhythmische Arbeit, während der Fuß das Wah bearbeitet – irgendwie entsteht dann dadurch dieser DJ-ähnliche, schabende Ton, der zu seinem Markenzeichen wurde.
Auch im Solo-Kontext bleibt das Wah bei Morello eher ein Rhythmus- als ein Tonwerkzeug. Der Effekt verschiebt den Schwerpunkt der Note nicht nach vorne, sondern verändert ihren performativen Charakter.
Digitech WH-1 Whammy
Wenn es ein Pedal gibt, das man untrennbar mit Tom Morello verbindet, dann ist es das Digitech Whammy. Octave-Up-Soli, Divebombs, Synth-ähnliche Lines, Motorengeräusche, Helikopter-Sounds – praktisch jeder Effekt, den man beim ersten Hören „nicht so richtig einsortieren kann“, kommt aus diesem roten Kasten.
Morello nutzt das Whammy nicht dezent, sondern aggressiv: Schalter voll reingetreten, Pitch voll moduliert, Dynamik auf Anschlag. Songs wie:
- „Killing in the Name“ (Whammy-Divebombs)
- „Testify“ (motorähnliche Octave-Linien)
- „Like a Stone“ (singendes, schimmerndes Solothema)
- „Cochise“ (gefilterte Harmonien)
wären ohne das Whammy, zumindest live, schlicht nicht denkbar.
Delay mal zwei
Das Gear von Tom Morello ist das Gear eines Live-Gitarristen mit Cluberfahrung: Gleich zwei Boss DD-3 finden sich regelmäßig auf seinem Board.
Eines ist auf ein klassisches, beinahe 80s-mäßiges, langes Echo eingestellt, das jedem Gitarristen ein freudiges Grinsen ins Gesicht zaubert, das andere sorgt für spannende Ping-Pong-Effekte und ist entsprechend kurz eingestellt.
Kein Modifizieren, kein Umstellen: Zwei Pedale, an oder aus. So einfach kann Sounddesign sein.
Spieltechniken – Wie Morello das Unmögliche möglich macht
Tom Morello hat Techniken etabliert, die eher nach DJ, Noise-Künstler oder Sounddesigner klingen als nach klassischer Rockgitarre. Und genau darin liegt sein Einfluss: Er spielt nicht „falsch“ – er spielt „anders“. Selbst, wenn er für Inspiration in den Zoo gehen muss (siehe Video…).
Toggle-Switch-Stottern
Einer seiner bekanntesten Tricks: Der rhythmische Einsatz des Pickup-Wahlschalters als On/Off-Gate. Durch das ständige Umschalten zwischen aktivem und stummem Pickup entsteht ein maschineller Stottereffekt, der in Songs wie Know Your Enemy quasi Pflichtprogramm ist.
DJ-Scratching mit Wah & Pickups
Morello ersetzt Plattentellerbewegungen durch die rechte Hand, kombiniert mit schnellem Wah-Pumping. Das Ergebnis klingt wie ein Vinyl-Scratch, nur eben von einer Stratocaster. Perfekt zu hören in Bulls On Parade.
Harmonische Experimente & Dissonanzen
Während viele Gitarristen nach dem „schönsten“ Ton suchen, experimentiert Morello bewusst mit unreinen Intervallen, Feedback, Obertönen und Kabelbewegungen. Der Ton darf „reißen“, „brechen“, „kreischen“ – solange es groovt.
Slide-, Tremolo- und Feedback-Manöver
Morello setzt Slide-Techniken oft nur für einzelne Töne ein, kombiniert mit Tremolohebel und Whammy, um sirenenartige Linien zu erzeugen. Feedback wiederum nutzt er als kontrolliertes Stilmittel, nicht als Zufallsprodukt.
Tom Morellos ikonische Sounds – Songbeispiele
Einige seiner Signatursounds sind so prägnant, dass man sie nach drei Sekunden erkennt. Hier die für mich wichtigsten Beispiele zum Nachhören und Spielen:
„Killing in the Name“
Whammy-Divebombs, aggressive Octave-Up-Riffs und ein fast perkussives Gitarrenspiel. Der Ton ist roh, politisch aufgeladen und gnadenlos direkt.
„Bulls On Parade“
Der legendäre Wah-Scratch-Sound – gespielt wie ein DJ, nicht wie ein Gitarrist. Das Solo ist eigentlich ein Rhythmuseffekt.
„Testify“
Der „Motor“-Sound am Anfang ist ein Paradebeispiel dafür, wie Morello Pitch-Shifting nutzt. Whammy auf Octave-Up, Tremolohebel dazu, rechte Hand im Rotationsrhythmus.
„Like a Stone“
Eines seiner melodischsten Soli. Das Whammy erzeugt eine schwebende, fast organische Lead-Linie, die wie ein Menschengesang wirkt.
„Sleep Now in the Fire“
Ein Song voll rhythmischer Kill-Switch-Arbeit, Feedback-Tricks und kontrollierter Dissonanzen.
Wie du den Tom-Morello-Sound nachbauen kannst
Einen Sound wie Tom Morello zu spielen, ist weniger eine Frage des Budgets als der Herangehensweise. Dennoch gibt es ein paar grundlegende Zutaten, die zu beachten es gilt:
Gitarren
- Humbucker-Gitarre oder Hot-Rails-Strat
- Kill-Switch nachrüstbar (Toggle, Momentary oder elektrisch)
- Tremolo optional – aber hilfreich für Divebombs
- Wichtig: robuste Konstruktion, wenig Boutique-Sensibilität
Amps
Die Basis ist ein mittig fokussierter, straffer Röhrenamp:
- Marshall JCM800-ähnliche Modelle
- Modernere High-Gain-Optionen für Audioslave-Sounds (EVH 5150, 6505 etc.)
- Wenn digital: JCM800-Simulationen funktionieren hervorragend
EQ-Tipp: Weniger Bass, mehr obere Mitten.
Essentielle Effekte
- Digitech Whammy (DT oder V)
- Dunlop Cry Baby Wah
- EQ-Pedal (starker Mittenschub möglich)
- Digital Delay
- optional: Phaser, Tremolo, Flanger
Budget-Setups funktionieren erstaunlich gut. Der Trick liegt nicht im Preis, sondern im Einsatz.
Spieltipps
- Mut zu Noise und Fehlern
- Rhythmik wichtiger nehmen als Tonleitern
- Effekte wie Instrumente behandeln
- Kontrolle über Feedback & Pickups üben
- Stottern, Morsecodes und „Maschinengeräusche“ bewusst einbauen
Wichtig: Morellos Stil kopiert man nicht, indem man ihn imitiert, sondern indem man seine Offenheit übernimmt. Klar soweit?
Das Gear von Tom Morello: Warum er zu den besten Gitarristen aller Zeiten gehört

Tom Morello hat nicht einfach nur eine neue Spieltechnik etabliert – er hat die E-Gitarre für sich neu definiert.
Er zeigt, dass ein einfaches Setup aus Marshall-Topteil, Whammy, Wah und einer Handvoll Pedale ausreicht, um ganz neue Klangwelten zu erschaffen. Und dass ein Gitarrist nicht dem Instrument dienen muss – sondern das Instrument dem Ausdruck.
Sein Einfluss erstreckt sich weit über Rock und Metal hinaus. DJs, Hip-Hop-Produzenten, Sounddesigner und sogar Filmmusiker nennen ihn als Inspiration. Und das macht Tom Morello zu einem der prägendsten Gitarristen seiner Generation.
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