von Marcus Schmahl | Geschätzte Lesezeit: 5 Minuten
Kickstarter am Limit? Wenn Backer nur noch verlieren - aus eigener Erfahrung!

Kickstarter am Limit? Wenn Backer nur noch verlieren - aus eigener Erfahrung!  ·  Quelle: sjscreens / Alamy

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Seit Jahren investieren Musikbegeisterte, Produzenten und Gear-Fans ihr Geld in spannende Projekte auf Kickstarter, in der Hoffnung auf das nächste große Plugin, den cleversten Synthesizer oder das originellste Studio-Tool. Doch statt frischer Ideen landen in letzter Zeit am Ende nur Enttäuschung, Funkstille oder sogar der komplette Projektabbruch im Posteingang. Was einst als Plattform für Innovation gefeiert wurde, entwickelt sich für viele Unterstützer zum unkalkulierbaren Risiko – und das betrifft längst nicht mehr nur Nischenprodukte. Auch in der Audiowelt häufen sich Beispiele, bei denen versprochene Hardware nie geliefert, Software in unfertigem Zustand veröffentlicht oder Unterstützer monatelang ignoriert werden. Zeit also, einen genaueren Blick auf das System Kickstarter zu werfen – und was Backer aus der Audio-Community daraus lernen können.

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Kickstarter: Traumfabrik oder Backer-Albtraum?

Die Plattform Kickstarter galt lange Zeit als Hoffnungsträger für kreative Projekte und technische Innovationen, die ohne klassische Investoren niemals das Licht der Welt erblickt hätten. Doch der einst so idealistische Gedanke scheint zunehmend von der Realität eingeholt zu werden. Immer öfter häufen sich Berichte über gescheiterte Projekte, ausbleibende Lieferungen und enttäuschte Unterstützer, die ihr Geld nie wiedersehen. In vielen Kommentarspalten entsteht der Eindruck, dass aus einer ursprünglich transparenten Community ein fragwürdiges Finanzierungsmodell ohne Sicherheit für die Unterstützer geworden ist.

Zahlreiche Kampagnen, die zunächst mit beeindruckenden Renderings und wohlklingenden Visionen aufwarteten, endeten am Ende entweder im Chaos oder wurden einfach sang- und klanglos eingestellt. Besonders problematisch wirkt dabei, dass die Plattform Kickstarter selbst keinerlei Verantwortung für den Ausgang der Projekte übernimmt. Die Verträge bestehen ausschließlich zwischen dem Projektstarter und den Backern, was bedeutet, dass die Plattform auch bei massiven Problemen nicht eingreift und selbst bei offensichtlichen Hinweisen auf Betrug kaum Konsequenzen folgen. Das Vertrauen in den Crowdfunding-Pionier bröckelt – vor allem bei denjenigen, die bereits mehrfach schlechte Erfahrungen gemacht haben.

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Innovation oder Scam im neuen Gewand?

Während manche Projekte schlicht an der Realität scheitern, gibt es inzwischen auch immer mehr Hinweise auf gezielte Täuschung. Kampagnen mit künstlich erzeugtem Hype, manipulierten Kommentaren und gefälschten Produktversprechen sind längst keine Ausnahme mehr. Besonders in Technik-affinen Bereichen wie Gadgets, Musik-Tools oder Audio-Equipment häufen sich inzwischen Fälle, in denen Produkte niemals fertiggestellt wurden, obwohl mehrere hunderttausend Dollar eingesammelt wurden. Die Kickstarter-Community wird dadurch zunehmend misstrauisch, denn wer mehrmals enttäuscht wurde, wird in Zukunft wohl zweimal überlegen, ob er oder sie erneut Geld in ein Konzept steckt, das womöglich nur auf schönen Bildern basiert.

Die große Frage lautet daher: Hat sich das Konzept von Kickstarter überlebt oder kann die Plattform mit stärkeren Richtlinien, mehr Transparenz und einem echten Schutzmechanismus gegen Fehlverhalten gegensteuern? In ihrer aktuellen Form wirkt die Plattform zumindest für viele Unterstützer wie ein Spiel mit hohem Risiko – mit kaum greifbarer Kontrolle und ohne verlässliche Konsequenzen für Projektstarter, die sich am Ende einfach aus dem Staub machen. Wer sich heute auf Kickstarter engagiert, sollte sich der möglichen Fallstricke bewusst sein, denn die Grenze zwischen innovativer Idee und teurem Reinfall ist längst fließend geworden.

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Wenn Kickstarter nicht liefert: So reagieren betroffene Backer

Besonders bitter gestaltet sich die Situation für kreative Branchen wie Musikproduktion, Synthesizer-Entwicklung oder Boutique-Plugin-Hersteller, bei denen viele Projekte auf Kickstarter gestartet werden, weil klassische Vertriebswege versperrt bleiben. Wer hier als Backer mit echter Leidenschaft für Klangästhetik und technisches Design unterstützt, tut das oft aus Idealismus – und wird dann mit leeren Versprechen abgespeist, während sich die Projektstarter in Schweigen hüllen oder mit vagen Ausreden Zeit schinden. Für unabhängige Entwickler, die tatsächlich liefern wollen, wird das Umfeld dadurch zunehmend toxisch, denn auch seriöse Kampagnen müssen heute mit einem massiven Vertrauensverlust kämpfen.

In Diskussionen unter erfahrenen Nutzern fällt deshalb immer häufiger das Wort „Scam“, auch wenn dieser Begriff nicht immer juristisch zutreffend ist. Der emotionale Schaden, der durch nicht eingehaltene Zusagen und monatelanges Warten entsteht, lässt sich jedoch kaum kleinreden. Wer sein Geld in ein Herzensprojekt auf Kickstarter investiert, erwartet kein Wunder – aber ein Mindestmaß an Transparenz, Kommunikation und Verantwortungsgefühl. Bleiben diese aus, entsteht ein Klima, in dem nicht mehr Innovation, sondern Misstrauen dominiert – mit allen Konsequenzen für die Zukunft von Crowdfunding als Instrument der kreativen Finanzierung.

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Fazit und eigene Erfahrung

Dieser Artikel entstand nach mehreren „Fehlinvestitionen“ in vermeintlich coole Produkte – über die ich sogar äußerst positiv hier bei GEARNEWS berichtete. Ich möchte hier keine Namen nennen, noch Firmen oder Personen anschwärzen. Natürlich ich bin sehr enttäuscht und „sauer“ ca. 1.000 Euro an mehrere Firmen gezahlt zu haben, deren gezeigte Produkte niemals an Backer versendet wurden, die seit Wochen/Monaten keine Updates zum Projekt veröffentlichen, noch auf E-Mails und auf Nachrichten (Kickstarter Forum, Social Media) antworten.

Dazu kommt, dass sich ebenso Kickstarter nicht zu den Problemen äußert und lediglich auf die eigenen Statuten verweist. Sobald ein Projekt finanziert wurde, erhält der Projektgründer das Geld, Kickstarter bekommt einen Anteil und im Anschluss ist Kickstarter „fein raus“.

PS: Andere Crowdfunding-Plattformen sind natürlich ebenfalls betroffen und reagieren ähnlich bis identisch auf Probleme.

Wie seht ihr das Thema? Hattet oder habt ihr ähnliche Erfahrungsberichte? Werdet ihr weiterhin über diese oder ähnliche Plattformen in Projekte investieren? Schreibt uns gerne einen Kommentar hier unten, bei Facebook oder Instagram.

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9 Antworten zu “Kickstarter am Limit? Wenn Backer nur noch verlieren – aus eigener Erfahrung!”

    Joerg sagt:
    1

    Danke für den guten Artikel. So eine „Fehlinvestition“ ist mir ebenfalls passiert auf Kickstarter – und das bei einer eigentlich coolen Brand. Kickstarter halte ich grundsätzlich für eine super Sache, um innovative Entwicklungen zu supporten, die sonst kaum Chancen hätten. Es ging damals um einen MPE-Controller, den ich mir sehnlichst gewünscht hätte. Die Enttäuschung war dann gleich doppelt groß. Ich denke, ich werde weiterhin die Finger davon lassen.

    Gerd sagt:
    0

    Ich habe bereits vier Backer im Synthesizer-/Audiobereich bei Kickstarter unterstützt und bin (anscheinend glücklicherweise) von keinem enttäuscht worden.

    JayBee sagt:
    -1

    Zitat:
    „dass aus einer ursprünglich transparenten Community ein fragwürdiges Finanzierungsmodell ohne Sicherheit für die Unterstützer geworden ist.“
    Was ist den das für ein Satz. Crowdfounding war schon immer ein Finanzierungsmodell ohne Sicherheit. Von was für einer transparenten Community redest du da?

    Zitat:
    „Wer sein Geld in ein Herzensprojekt auf Kickstarter investiert, erwartet kein Wunder – aber ein Mindestmaß an Transparenz, Kommunikation und Verantwortungsgefühl.“

    Leider völlig falsche Erwartungen. Und ich habe den Verdacht das du deine falschen Erwartungen hier veralgemeinerst.

    Zitat:
    “ In ihrer aktuellen Form wirkt die Plattform zumindest für viele Unterstützer wie ein Spiel mit hohem Risiko “
    Sie ist schon immer ein Spiel mit hohem Risiko gewesen. Das war sie schon immer.

    Zitat:
    „Natürlich ich bin sehr enttäuscht und „sauer“ ca. 1.000 Euro an mehrere Firmen gezahlt zu haben,“

    Boah, nicht begriffen wie die Plattform funktioniert und dann rum jammern.
    Es hat schon ein Grund warum die Projekte auf dieser Plattform landen. Wären es sichere Sachen hätten sich Banken oder Investoren gefunden.

      Marcus Schmahl sagt:
      1

      Ok. Aber findest du es ok, dass Firmen Gelder von der Crowdfunding Community einsammeln, das Geld nehmen und sich dann nicht mehr melden, keine Produkte senden, von der Bildfläche verschwinden oder sogar ein weiteres Crowdfunding-Projekt öffnen? Ich finde das nicht gut. Klar, wer finanziert, kann auch mal leer ausgehen – das ist das Risiko! Aber dann erhoffe ich mir wenigstens ein „Sorry“ oder eine ähnliche Nachricht an die, die an das Projekt geglaubt haben. Falls du gerne Gelder in Firmen investierst, um nichts zurückzubekommen, dann ist das deine Sache ;)

        modrive sagt:
        0

        Sehe ich wie Marcus und so habe ich den Artikel auch verstanden. Klar können auch 100% des riskierten Kapitals weg sein. Aber Transparenz würde doch den Unterschied zwischen ernsthaftem Versuch und ggf. reinem Scam definieren.

          Marcus Schmahl sagt:
          0

          Richtig (und danke!). Du finanzierst und gehst somit eine Geschäftsbeziehung mit einer Firma ein. Diese schuldet dir zumindest ein ehrliches Reporting. Ohne Feedback ist es Abzocke.

        JayBee sagt:
        0

        Nein, ich finde das nicht OK.
        Aber man muss halt damit rechnen.
        Und mal ganz ehrlich, ein Sorry ist mir dann auch egal.
        Und mein Problem mit deinem Artikel ist das du die Plattform dafür verantwortlich machst. Die Plattform bringt aber nur Menschen zusammen. Es ist nur deine Entscheidung wem du vertraust.
        Zum Thema Transparenz wäre es auch super wenn du Projekte genannt hättest. So wird persönlicher Frust als objektiver Artikel verkauzft.

        Das kann ich menschlich verstehen. Wie ich auch verstehen kann das das ein Projektgründer dem alles wegbricht nicht die Kraft hat transparent über sein scheitern zu berichten.

    donald mohs sagt:
    0

    scheisse lockt halt fliegen an.

    Sven Horlemann sagt:
    0

    Bin ganz bei Marcus. Schade, denn es gibt tolle Ideen. Meine Erfahrungen sind so 50/50. Aber halt auch dergestalt, dass Kickstarter kein Geld mehr von mir sieht.

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