Das Gear von Angus Young: Die besten Gitarristen aller Zeiten
Was den AC/DC Frontmann ausmacht
Manche Gitarristen erkannt man schon nach wenigen Sekunden. Bei Angus Young reicht mir ein Akkord. Dazu kommt (zumindest Live und vor meinem inneren Auge) eine unverkennbare optische Signatur: Schuluniform, Duckwalk, fliegende Haare. Seit den 1970ern ist er das Gesicht und der Motor von AC/DC. Das Gear von Angus Young verkörpert den Purismus des Rock’n’Roll und wer sich heute fragt, wie man mit wenigen Zutaten einen Signature-Sound erschaffen kann, sollte sich das Young’sche Prinzip einmal genauer ansehen. In diesem Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf das Gear von Angus Young – von den SGs über Marshall-Türme bis zum mysteriösen Wireless-System, das seinen Sound mitgeprägt hat.
Das Gear von Angus Young – Inhalt
Einfachheit mit System — Angus’ Stil
Kaum jemand würde wohl behaupten, dass Angus Young ein virtuoser Gitarrengott ist. Er ist kein Steve Vai, kein John Petrucci, kein Flitzefinger-Saitenakrobat. Doch für mich ist genau das sein Alleinstellungsmerkmal. Sein Spiel ist im Vergleich nahezu roh, direkt und so auf den Punkt, dass man fast vergisst, wie komplex das ganze dann doch ist. Hört euch die Platten mal genau an. Da ist mehr drin, als auf den ersten „Blick“ erkennbar ist.
Als guter Rocker ist die Grundlage seines Spiels natürlich die gute alte Pentatonik. Dazu kommen Timing, Dynamik und ein unerschütterliches Rhythmusgefühl im Zusammenspiel mit seinem leider zu früh verstorbenen Bruder Malcolm.
Als Solo-Gitarrist stand der jüngere Young-Bruder schon immer eher im Rampenlicht als sein Bruder. Die klassischen AC/DC Soli bestehen bei genauerer Analyse selten aus mehr als zwei oder drei Licks, doch sie brennen sich ins Hirn. Der Kopf wackelt, der Fuß wippt, ihr kennt das. Besser kann man es nicht machen. Technischer, bunter, schillernder? Ja. Besser? Nein.
Gitarren: SG forever

Wenn man an das Gear von Angus Young denkt, denkt man automatisch an die Gibson SG. Bei mir ist’s vor dem inneren Auge eine rote SG Standard, eine schwarze SG Custom wird als Antwort auch akzeptiert. Erst während der Arbeit an diesem Artikel ist mir bewusst geworden, dass Angus seit den frühen 70ern beinahe exklusiv SGs spielt. Schwierig, da ein paar brauchbare Bilder mit anderen Gitarren zu finden…
Aber ich kann ihn verstehen: Die SG ist leicht, aggressiv, schnörkellos und liefert genau den scharfen, rotzigen Ton, der so hervorragend mit dem AC/DC Sound harmoniert.
Das doppelte Cutaway-Design ermöglicht bequemen Zugang zu den höchsten Bünden, ein schmaler Hals mit flachem Profil kommt einem energischen Spielstil entgegen. Und das vergleichsweise geringe Gewicht kommt bei einem 180-Minuten-Duckwalk-Marathon auf der Bühne vermutlich sehr gelegen. Zum Mythos der leichten Gitarren könnt ihr hier noch etwas lesen: Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
Signature-Modelle?
Was würde näher liegen, als bei einem derart ikonischen Player eine Signature-SG nach der anderen auf den Markt zu bringen? Doch ganz wie das Gear von Angus Young ist auch seine Zusammenarbeit mit Gibson eher „minimalistisch“. 2010 gab es eine Angus Young Signature SG in edlem Schwarz mit Ebenholz-Griffbrett und Lightning-Inlays, doch das wars dann auch schon. Dass das gute Stück mittlerweile vergriffen ist, spricht für sich selbst… Also, Gibson, ich wäre nicht abgeneigt.
Abseits davon ist es wie so oft, wenn es um das Gear von Angus Young geht: Keep it simple. Also, in unserem Fall SG oder nichts.
Verstärker: Marshall rules

Er macht es mir wirklich nicht leicht. Aber wie schon bei den Gitarren ist auch in der Verstärker-Sektionwenig überraschendes zu entdecken: Das Gear von Angus Young, und sein Sound, sind untrennbar mit der britischen Traditionsmarke Marshall verbunden. Während ich an dieser Stelle normalerweise über Modeling-Amps, digitale Profiling-Systeme oder Boutique-Brands philosophieren darf, bleibt Angus bei dem, was immer funktioniert hat. Laut, warm, direkt und kompromisslos. Ich nenne es die Faszination Röhrenverstärker.
Der Gitarrensound von AC/DC lebt von Klarheit und Druck der beiden Young Brüder. Und genau das liefern die alten Marshall-Türme, wenn man sie an ihre Leistungsgrenze bringt. Kein Master Volume, kein Effektweg – einfach Gitarreninput rein, alles auf zehn, und los geht’s. Der Ton entsteht aus der Endstufe, aus dem Holz der Boxen und aus der Interaktion mit dem Raum. Es ist ein Sound, der lebt und atmet – aber nur, wenn man ihn lässt. Und wenn man es irgendwie aushält, bei der Lautstärke zu existieren. Loadboxen dieser Welt, wir rufen euch!
Marshall JMP1959
Der wichtigste Amp im Gear von Angus Young ist seit Jahrzehnten der Marshall 1959 Super Lead Plexi, ein 100-Watt-Röhrenmonster mit brachialer Durchsetzungskraft. So eindrucksvoll das erstmal klingt, so simpel ist das Teil im Grunde: Er hat keinen Master Volume, keinen Gain-Regler und keine Spielereien. Wer das Teil in den Overdrive treiben will, muss ihn richtig aufdrehen. Richtig laut.
Der Klang ist dabei allerdings erstaunlich klar. Anders als viele moderne High-Gain-Amps liefert der Super Lead nicht automatisch massig Verzerrung, sondern bleibt bei moderaten Lautstärken fast clean. Erst bei Konzertlautstärke (100 Watt Röhre…) beginnt die Endstufe in die Sättigung zu kommen. Der Ton bekommt Wärme, Schärfe und einen wunderbar plastischen Overdrive, der sich im Mix durchsetzt, ohne zu matschen.
In Kombination mit den richtigen 4×12“-Boxen (natürlich bestückt mit Celestion G12M Greenbacks) entsteht ein Sound, der zu einem Markenzeichen geworden ist: hart, ehrlich und trotzdem musikalisch.
Marshall JMP 2203
Neben dem 1959SLP kamen im Laufe der Jahre auch immer wieder andere Marshall-Modelle zum Einsatz – etwa der JMP 2203, ein weiterer 100-Watt-Klassiker mit Master Volume. Er wurde vor allem als Backup bei Live-Shows oder für kleinere Venues genutzt, in denen der Super Lead schlichtweg zu laut gewesen wäre (ja, das kommt vor). Klanglich ist er etwas tighter und aggressiver, aber im Kern bleibt das Signature-Profil erhalten.
Eng mit dem auch heute noch verfügbaren JCM 800 verwand, liefert der 2203 den klassischen, britischen Sound souverän und eigenständig ab. Für mich persönlich noch immer ein bisschen viel Power (ich liebe den etwas kleinere SC20H), im richtigen Setup oder mit einer hochwertigen Loadbox (noch immer denke ich gern an den Palmer Supreme Soaker)ein großartig klingender Amp mit allem, was für DEN klassischen Rock-Sound gebraucht wird.
Effekte? Was??
Wenn es um Effektgeräte geht, ist das Gear von Angus Youngs eine fast schon bizarre Absage an alles, was blinkt, piept oder moduliert. Kein Delay, kein Reverb, kein Overdrive. Der Gitarrenton kommt direkt aus dem Amp. Doch es gibt eine einzige Ausnahme, die seinen Sound maßgeblich geprägt hat – und das völlig unbeabsichtigt. So geht zumindest die Geschichte:
In den 1970er-Jahren setzte Angus auf ein damals neuartiges Schaffer-Vega Diversity System, ein drahtloses Sendesystem für Gitarrensignale. Dieses System komprimierte und färbte das Signal leicht – mit dem überraschenden Effekt, dass der Ton fetter, lauter und durchsetzungsstärker wurde. Besonders bei Soli hatte das Schaffer-System eine Art eingebauten Boost, der die Gitarre regelrecht aufleuchten ließ.
Jahrzehntelang war dieser „Geheimtrick“ kaum jemandem bekannt – bis das Unternehmen SoloDallas eine Replika des Schaffer-Systems entwickelte, zuerst als Tower-Version, später auch als Pedal. Angus selbst ist wieder auf dieses Effektgerät umgestiegen, seit es in dieser neuen Form verfügbar ist.
Tipp: Wer diesen Effekt ohne Originalgerät (nicht mehr erhältlich…) nachempfinden will, kann mit einem transparenten Booster experimentieren – z. B. dem MXR Micro Amp, dem TC Electronic Spark Boosteroder einem parametrischen EQ mit leichtem Push in den Mitten.
Studio vs. Live: Keine Mätzchen, kein Layering
Auch im Studio ist das Gear von Angus Young das eines Puristen. Während moderne Produktionen oft aus dutzenden Gitarrenspuren, Plug-ins und Layern bestehen, hält sich Angus an das One-Take-Prinzip: Viele der berühmtesten AC/DC-Riffs wurden in wenigen Takes eingespielt – oft ohne Overdubs, oft sogar in kompletter Besetzung live im Studio.
Besonders bemerkenswert: Der Gitarrensound auf Platte unterscheidet sich kaum vom Livesound (siehe auch das Video weiter oben). Das liegt nicht nur am puristischen Setup, sondern auch daran, dass Angus und das Produktionsteam – allen voran der legendäre Produzent Mutt Lange – darauf achteten, dass der Klang authentisch und dynamisch bleibt.
Wer sich selbst am Recording mit einem Setup versuchen möchte, das an das Gear von Angus Young angelehnt ist, schaut gern auch mal hier vorbei: Mikrofonieren für Gitarristen
Vermächtnis: Der Letzte seiner Art?
Angus Young ist nicht einfach nur ein Gitarrist – er ist ein eigener Stil, ein Statement. Ein Symbol für eine Ära, in der es nicht darum ging, möglichst viele Noten pro Sekunde zu spielen, sondern die richtigen. In einer Welt voller Effektboards, virtueller Amps und digitalem Schnickschnack ist er der lebende Beweis, dass Rock’n’Roll keine Software braucht.
Sein Einfluss reicht weit über die Grenzen von AC/DC hinaus. Bands wie Airbourne, The Darkness oder Greta Van Fleet greifen bewusst auf seinen rauen, ehrlichen Sound zurück. Nicht als Retro-Gag – sondern weil er funktioniert.
Ob man ihn nun mag oder nicht: Wer einmal versucht hat, wie Angus zu klingen, weiß, wie schwer es ist, mit so wenig Gear so viel Wirkung zu erzielen. Er ist ein Meister der Reduktion und genau das macht ihn für mich zu einem der besten Gitarristen aller Zeiten. Und das Gear von Angus Young ist zwar spartanisch, aber gleichzeitig der ultimative Ausdruck von Effizienz.
Fazit: Der ewig junge Rock’n’Roller
Angus Young hat nie versucht, modern zu klingen – und genau das macht ihn zeitlos. Sein Stil ist pur, sein Sound ehrlich, sein Auftritt auf der Bühne auch mit über 70 Jahren noch legendär.
Er braucht keine 20 Pedale, keine Modelling Amps und keine Software. Er braucht eine SG, einen Marshall und eine Steckdose. Und manchmal reicht genau das, um Geschichte zu schreiben. Das Gear von Angus Young? Schnell beschrieben. Sein Sound…Was sagt ihr?
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4 Antworten zu “Das Gear von Angus Young: Die besten Gitarristen aller Zeiten”
Angus hat nicht alles auf 10 stehen, das kann man im Premiere Guitar Rig Rundown sehr schön sehen.
Genauso habe ich das auch in Erinnerung. Mastervolume auf 6, Gain auf 8 oder weniger, Bass auf 3, Middle auf 3, Treble auf 3, und leichter Boost durch Wireless System.
vollkommen richtig
AcDc war schon immer eine 10…quasi Vollgas …auch die Amps !